15
Okt
2013

Eindrücke aus einem Frankreich, das sich - auch durch Deutschland - zunehmend an die Wand gedrückt fühlt

 
global
news 2994 14-10-13:
La
Grande Nation am deutschen Stock
 
[via
jjahnke.net]
 
 
 

Auf einer Bank an einer südfranzösischen Promenade mit
Blick auf das hier immer blaue Meer unter einem ebenso blauen Himmel spielt ein
Mann auf der Guitarre Chansons und fordert Vorbeigehende zum gratis Mitsingen
auf. Einige tun das. Es ist ein sentimentaler Eindruck aus dem alten Frankreich,
das in seinen letzten Zügen zu liegen scheint.

In den Abendnachrichten kommen immer wieder Bilder von
Arbeitern, die ihre in die Pleite gerutschten Industriebetriebe gegen den
Zugriff der Gläubiger zu verteidigen suchen, um ihre Arbeitsplätze zu erhalten.
Die Arbeitslosenquote ist auf 11 % angestiegen, bei Menschen unter 25 Jahren
sogar auf fast 26 %. Dabei ist die französische Industrie der deutschen weit
unterlegen. In Deutschland steigern fünfmal mehr Industrieroboter die
Produktivität als in Frankreich. Schon das zusammen mit in Deutschland seit 2000
real stagnierenden Löhnen bedeutet unschlagbare Konkurrenz. Immer mehr
Arbeitsplätze gehen nach Deutschland (und China) verloren. Um das zu verhindern,
hätte Frankreich längst eine eigene Währung abwerten müssen.

Auch in der Landwirtschaft kriselt es. Nach Krebs und
Kreislaufleiden ist Selbstmord zur häufigsten Todesursache unter Bauern
geworden. Jeden zweiten Tag bringt sich einer um. Finanzielle Probleme werden
als häufigster Grund genannt. Das geht an die französische Seele, der die
Landwirtschaft und die "vie agricole" immer noch sehr am Herzen liegt.

Der rechtsextreme Front National der Marine Le Pen
gewinnt in dieser Lage immer mehr an Boden. Er liegt in den Umfragen zu den
anstehenden Gemeindewahlen schon vor allen anderen Parteien. Jetzt wirbt Fillon,
der frühere Ministerpräsident unter Sarkozy und selbsternannte Kandidat für die
nächsten Präsidentschaftswahlen, für eine Allianz seiner konservativen UMP mit
dem FN. Nach Umfragen ist fast jeder dritte Franzose für eine solche Verbindung.

Marine Le Pen ist gegen eine "wilde" Globalisierung und
gegen den Euro. In ihrer Pressekonferenz vom Juli warf sie der Regierung vor, Öl
in das Feuer einer wilden Globalisierung zu werfen, und trat erneut für eine
konzertierte Auflösung des Euro und französische Schutzmaßnahmen, wie Zölle und
Einfuhrkontingente, ein:

"Ein europäischer Protektionismus
nützt nicht, denn das Wesentliche der unfairen Konkurrenz spielt sich heute
innerhalb der Europäischen Union ab, mit Deutschland, das den Euro gebraucht,
und mit Osteuropa, mit den unakzeptablen Unterschieden in der Produktivität und
den Löhnen. Die Krise ist überhaupt nicht hinter uns; sie ist noch voll vor uns.
Portugal, Italien, Griechenland, Spanien und auch Frankreich, denn es ist Opfer
einer Politik der Austerität, die die Defizite erhöht und die Schulden."

Das sind Eindrücke aus einem Frankreich, das sich -
auch durch Deutschland - zunehmend an die Wand gedrückt fühlt. Hier werden
starke Signale gesetzt, für die die oft selbstgerechte deutsche Politik, die
deutschen Medien und die deutsche Öffentlichkeit dennoch bisher keine Antennen
haben. Jedenfalls wird der Euro immer mehr zun Spaltpilz der europäischen
Integration




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