5
Jun
2013

Fit for Leadership - #Religiöse #Aspekte #neoliberaler #Propaganda [via arbeitsunrecht.de]

 

Zwangskollektivierung des privatisierten
Ich

Fit for Leadership – Religiöse Aspekte
neoliberaler Propaganda

Von arbeitslosen Ich-Aktionären und
selbstoptimierten Jüngern der Unternehmensphilosophie.

von Werner Rügemer,

ursprünglich erschienen in Ossietzky
10/2013

[via arbeitsunrecht.de]

http://arbeitsunrecht.de/?p=1716#more-1716

Jeder,
auch wenn er unten ist, sei seines Glückes Schmied, jeder könne vom
Tellerwäscher aufsteigen zum Millionär: Solche Klischees werden immer wieder
aufgewärmt, auch wenn ihre Verwirklichung noch so illusionär ist.

In bürokratisierter Form hieß das Klischee in Deutschland
vor einiger Zeit »Ich-AG«. AG bedeutet Aktiengesellschaft. Das erschien in
diesem Zusammenhang kurios, war aber ernst gemeint. Das Konstrukt war Teil der
2002 von der Bundesregierung aus SPD und Grünen unter Kanzler Schröder
beschlossenen Agenda 2010. Die Ich-AG gehörte zu den vier sogenannten
Hartz-Gesetzen, genauer zu »Hartz II«. Dieses Gesetz legitimiert, reguliert und
verfestigt seitdem »geringfügige Beschäftigungen« wie Mini- und Midi-Jobs. Mit
Ich-AG wurden selbständige Einzelunternehmer bezeichnet, ehemals Erwerbslose,
die für die Gründungsphase von den damals eingerichteten Jobcentern Zuschüsse
bekamen.

Doch das Konzept ging nicht auf. Den Arbeitslosen wurde
auch keine richtige Unternehmerperspektive eröffnet; sie sollten »kostengünstige
Dienstleistungen mit alltagspraktischen Fähigkeiten« erbringen, für die es
großen Bedarf gebe. Mit solchen Scheinselbständigen konnten die richtigen
Unternehmer die Sozialleistungen einsparen. Aus den Arbeitslosen wurden
geheimnisvollerweise keine Aktiengesellschaften. Die Ich-AG wurde von ihren
Erfindern aus dem Verkehr gezogen.

Dies heißt jedoch nicht, daß die Idee und die damit
verbundene Praxis verschwunden wären, im Gegenteil.

Das
unternehmerische Ich bleibt das Leit- und Heilsbild der gegenwärtigen Religion,
auch für diejenigen, die gar keine Unternehmer sind und sein können. Auch die
(noch) in Arbeit Befindlichen sollen sich als Unternehmer ihrer selbst, als
Selbst- und Ich-Unternehmer verstehen. Jeder soll als Unternehmer um seinen oder
auch um einen anderen Arbeitsplatz kämpfen.

Zusammenschlüsse von abhängig Beschäftigten wie
Gewerkschaften und Betriebsräte gelten als Störfaktoren. Sie stören den freien
Markt beziehungsweise die Marktwirtschaft, das »freie« und gerechte Aushandeln
der Löhne und Arbeitsbedingungen. Die Beschäftigten sollen vielmehr einzeln und
frei vor ihren Arbeitgeber treten und den Arbeitsvertrag allein, ohne Beratung
und Unterstützung, aushandeln, wobei es im Grunde gar nichts zu verhandeln gibt:
Unterschreib oder stirb.

Wenn aber Tarifverträge (noch) nicht vermieden werden
können und der (noch) bestehende Betriebsrat mitreden will, dann nehmen sich die
Arbeitgeber, unterstützt von hochbezahlten Beratern, die einzelnen Arbeitnehmer
vor und schließen mit ihnen nach dem Tarifvertrag noch individuelle
»Zielvereinbarungen« ab und legen Leistungen, Kontrollen und Lohnbestandteile
fest, die nichts mit dem Tarifvertrag zu tun haben. Die Ich-Unternehmer dürfen
über ihre Entgelte und Arbeitsbedingungen nicht miteinander und in der
Öffentlichkeit sprechen.

Wollen
Lohnabhängige heutzutage eine kollektive Vertretung gründen, werden sie schon
mal von den richtigen Unternehmern gekündigt, und zwar auch dann, wenn die
Kündigung rechtswidrig ist – aber erst einmal ist der Störer aus dem Betrieb
entfernt. Wenn er vor dem Arbeitsgericht vier Monate später Recht bekommt, kann
man weitersehen: Abfindung, und weg ist er. Andere Betriebsratsaktivisten werden
korrumpiert, mit individuellem Aufstieg im Betrieb und erhöhtem Gehalt.

So wird das arbeitende Individuum in die individuelle
Privatheit gestoßen, privatisiert. Eine neue Wissenschaftsbranche, Human
Relations oder Human Resources genannt, liefert dafür ein breites Spektrum an
Leistungsmessungen, Leistungsvergleichen, Methoden der Selbststeuerung und
Selbstoptimierung. Das ist verbunden mit renditedienlicher Willkür und
mafiotischen Loyalitätskriterien der Vorgesetzten gegenüber den isolierten
Ichen. Da ist es kein weiter Weg zum Arbeiterstrich in bestimmten Straßen
unserer Städte, wo Arbeiter aller reichen und armen Länder, einschließlich
unseres eigenen, sich täglich flehend prostituieren, um für einen Stundenlohn
von zwei Euro gnädigerweise diesmal in den Bus des Sklavenhändlers einsteigen zu
dürfen, während andere konkurrierende Iche einzeln und frei zurückgelassen
werden.

Ebenso ergeht es den Arbeitslosen unter dem »Hartz
IV«-Regime. Sie müssen unter der demagogischen Bezeichnung »Kunde« einzeln und
frei um die Gewährung ihrer jämmerlichen Hungerrationen betteln. Sie müssen vor
den Angestellten der Jobcenter finanziell und familiär ihre Hosen und Röcke und
Unterhosen herunterlassen und umfangreiche Zielvereinbarungen unterschreiben.
Kontrolleure durchsuchen die Privatheit der Arbeitsalmosenempfänger und stöbern
in Konten, Betten und Zahnputzgläsern ihrer Bedarfsgemeinschaft.

Wenn die Arbeitslosen eine Begleitung ins Jobcenter
mitbringen, wird das als Belästigung oder Unverschämtheit angesehen. Werden
solche Begleitungen öffentlich angekündigt, verschicken die Leiter der Jobcenter
Anweisungen an die Angestellten, sich bitte freundlich und korrekt zu verhalten;
das Image des Jobcenters sei sonst in Gefahr. Denn einfache menschliche
Begleitung, gar sachliche Beratung über die eigenen Rechte wird als Gefahr für
die herrschende Ordnung, für das »Hartz IV«- und Rendite-Regime angesehen. Und
die Jobcenter-Angestellten müssen leugnen, daß es solche Anweisungen gibt.

Den
kollektiven Zusammenschluß, den die Privateigentümer den abhängig Beschäftigten
verwehren, praktizieren sie selbst in hohem Maße. Sie überziehen das Land
flächendeckend mit einer aufgeblähten Bürokratie aus Unternehmerverbänden. Die
Industrie- und Handelskammern verordnen sogar mit Hilfe des Staates die
Zwangsmitgliedschaft aller noch so kleinen Unternehmen.

Die richtigen Unternehmer zwingen den vereinzelten
Lohnabhängigen eine neue Kollektivität auf. Sie sollen sich der Corporate
Identity unterordnen. Plötzlich sollen alle privatisierten Iche eine große,
allumfassende Gemeinschaft bilden und für ein angebliches gemeinsames Ziel
arbeiten. »Fit for Leadership« etwa heißt es bei Daimler. Oder auch »Das WIR
entscheidet«, wie das Motto der Leiharbeiterfirma mit dem dazu passenden Namen
»Propartner« lautet. Auch die Volksgemeinschaft ist nicht weit, wenn es heißt
»Deutschland geht es gut«.

Doch die zum privaten Ich-Unternehmer befreiten
Beschäftigten und Arbeitslosen sind in Wirklichkeit unterworfene, schweigende
Bettler. Ihnen fehlt die wesentliche Eigenschaft des kapitalistischen
Unternehmers: die Verfügung über den Gewinn.

In »unseren« Unternehmen und Jobcentern herrschen die Angst
und das Schweigen der eigentumslosen Ich-Unternehmer. Wenn es jemals eine
demagogisch begründete Zwangskollektivierung großen Stils gab, dann hier und
jetzt im real existierenden Kapitalismus.

Wie marode, korrupt, lügnerisch und gewaltförmig muß eine
gesellschaftliche Ordnung sein, um zur eigenen verzweifelten Legitimation selbst
den Ärmsten und Schwächsten den Status eines Unternehmers aufschwatzen und
aufzwingen zu wollen?!

Laßt uns mal darüber sprechen, gemeinsam. Was meint
Ihr?




lesebefehl --->>> Die Hochschule Niederrhein und ihre Putzfrauen [via LabourNet Germany]

hamburg290208_11
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extern
 

Dossier

LabourNet Germany vor dem Amtsgericht Krefeld!
 
[via LabourNet Germany]
 


Landgericht Hamburg:
Am 12.6.2013 um 13,00 Uhr (Saal H 206 2. Etage) findet vor dem
Amtsgericht Krefeld ein Verhandlungstermin in dem einstweiligen
Verfügungsverfahren der Hochschule Niederrhein gegen Labournet.de e.V.
statt.
 
Die Hochschule Niederrhein verlangt im Wege der einstweiligen Verfügung von
labournet.de den Widerruf folgender Behauptungen:
a) “Putzfrauen sollen
unsichtbar sein … Die schöne, heile Welt von Büros, Krankenhäusern oder
Universitäten soll nicht durch den Anblick hektisch putzender und unterbezahlter
Frauen gestört werden

b) “… die Verwaltung meinte, im „Interesse der
Hochschule Niederrhein“ die Arbeitszeiten auf 5.00 bis 8.00 Uhr verlegen zu
müssen. Da ihr klar war, dass die Frauen einer entsprechenden Änderungskündigung
nicht zustimmen würden, wählte sie den in der Branche allgemein üblichen Weg.
Man will nicht auf die mit dem Gebäude vertrauten und eingearbeiteten Kräfte,
also das „Know How“ verzichten, aber die Bedingungen ändern – also kündigt die
alte Firma die Verträge und der Auftrag wird von einer neuen Firma übernommen,
die die Frauen unter Androhung des Arbeitsplatzverlustes zwingen kann, neue
Verträge zu unterschreiben

c) “Und das von ihrer eigenen
Institution, die ihre fragwürdigen „ästhetischen“ Vorstellungen über die
Interessen der betroffenen Frauen stellt

LabourNet Germany ist der
Auffassung, dass es sich bei diesen Behauptungen um eine Kritik handelt, die vom
Recht auf Meinungsfreiheit und Pressefreiheit gedeckt ist.
Die
Verhandlung ist öffentlich (es finden Einlasskontrollen statt!) und wir würden
uns über breite Öffentlichkeit und Unterstützung freuen!

  • Hochschule Niederrhein pocht auf Entfernung und
    Widerruf
    Am 26. März veröffentlichen wir den Artikel „Putzfrauen sollen unsichtbar sein – Beispielhafte Solidarität an
    der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach
    “ von der
    Arbeiterkorrespondenz Düsseldorf.  Die Hochschule Niederrhein ist darüber
    offensichtlich nicht erfreut und schreibt: „(…) in dem o.g. Artikel
    berichtet die in Trägerschaft von labournet.de e.V. (künftig: labournet)
    stehende Webseite LabourNet.de über die Neuorganisation des Reinigungsdienstes
    an der Hochschule Niederrhein (künftig: HN) und stellt in dem Zusammenhang
    falsche, rufschädigende sowie die Handlungsfreiheit der HN zu beeinträchtigen
    geeignete Behauptungen auf. Wegen dieser Verletzungen des allgemeinen
    Persönlichkeitsrechts der HN steht ihr gegen labournet ein Anspruch auf
    Entfernung des Artikels und Widerruf der darin enthaltenen falschen
    Behauptungen aus § I 004 BGB analog zu. (…) Sie sind daher aufgefordert,
    unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 25.04.2013 den Artikel zu entfernen
    und an gleicher Stelle die falschen Tatsachenbehauptungen, wie sie vorstehend
    dargestellt wurden, zu widerrufen. Andernfalls müssen Sie mit der Einleitung
    gerichtlicher Schritte gegen labournet.de rechnen…“
    Siehe das Schreiben der HN vom 17.04.2013
    Bedauerlicherweise können wir diesem Ansinnen der Universität
    nicht nachkommen. Wir haben uns nochmal sachkundig gemacht und schrieben an
    die Hochschule zurück: „(…) vielen Dank für Ihr Schreiben und Ihre
    juristischen Ausführungen. Hiermit weisen wir Ihren Anspruch auf Entfernung
    des Artikels „Putzfrauen sollen unsichtbar sein – Beispielhafte Solidarität an
    der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach“, veröffentlicht am 26. März
    2013 (…) sowie den Widerruf der darin enthaltenen Behauptungen zurück. Der
    Inhalt Ihres Schreibens bietet keinen Anlass von der bisherigen Darstellung
    abzuweichen. Die genannten Fakten (Kündigung des bisherigen Vertrags durch die
    Hochschule, Kündigung der Arbeitsverträge durch das bisherige
    Reinigungsunternehmen, Übernahme des gesamten Personals und Verpflichtung zur
    Arbeit in den frühen Morgenstunden durch das neue Reinigungsunternehmen)
    wurden durch Ihr Schreiben ausdrücklich bestätigt…
    “ Siehe dazu das Schreiben der Redaktion des LabourNet Germany vom
    24.04.2013
  • Kritik an neuem Putz-Turnus in der Hochschule
    Niederrhein
    „Die Vergabe der Reinigungsarbeiten an der
    Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach an ein neues Unternehmen ist auf
    Kritik gestoßen. Die Initiative „Labournet“, nach eigener Aussage ein
    Treffpunkt der gewerkschaftlichen Linken, wirft der Hochschule vor, damit zur
    Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Reinigungskräfte beigetragen zu
    haben. (…)  Im Gespräch mit der WZ wies Hochschulsprecher Tim Wellbrock
    Dienstag die Vorwürfe zurück. Die Hochschule sei verpflichtet gewesen, nach
    vier Jahren die Reinigungsarbeiten neu auszuschreiben. Wie die neue Firma die
    Abläufe mit den Reinigungskräften regele, liege außerhalb des
    Zuständigkeitsbereiches der Hochschule. Begonnen werde morgens aber nicht um 5
    Uhr, sondern um 5.30 Uhr…“
    Artikel in der Westdeutschen Zeitung vom 26.03.2013 externer Link
  • Putzfrauen sollen unsichtbar sein – Beispielhafte Solidarität an
    der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach
    „Die
    Prekarisierung und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen konnte und kann
    auch deswegen so rasch zunehmen, weil viele der davon betroffenen
    Arbeitsbereiche unsichtbar bleiben. Diese Unsichtbarkeit hat für viele
    ArbeiterInnen selbst ihren Preis, da sie mit Arbeit in der Nacht, am
    Wochenende oder in den frühen Morgenstunden verbunden ist. Das gilt
    insbesondere für Reinigungskräfte. Die schöne, heile Welt von Büros,
    Krankenhäusern oder Universitäten soll nicht durch den Anblick hektisch
    putzender und unterbezahlter Frauen gestört werden. So hatte es sich wohl auch
    die Verwaltung der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach gedacht. Dort
    putzen bisher 19 Frauen für die Firma Uniserve je nach Arbeitsanfall ab 16
    oder 17 Uhr die Büros, Hörsäle und Toiletten, zum Mindestlohn von 9 Euro pro
    Stunde. Weder das Lehrpersonal noch die StudentInnen scheint das bisher
    gestört zu haben, aber die Verwaltung meinte, im „Interesse der Hochschule
    Niederrhein“ die Arbeitszeiten auf 5.00 bis 8.00 Uhr verlegen zu müssen. Da
    ihr klar war, dass die Frauen einer entsprechenden Änderungskündigung nicht
    zustimmen würden, wählte sie den in der Branche allgemein üblichen Weg. Man
    will nicht auf die mit dem Gebäude vertrauten und eingearbeiteten Kräfte, also
    das „Know How“ verzichten, aber die Bedingungen ändern – also kündigt die alte
    Firma die Verträge und der Auftrag wird von einer neuen Firma übernommen, die
    die Frauen unter Androhung des Arbeitsplatzverlustes zwingen kann, neue
    Verträge zu unterschreiben…
    “ Artikel von Arbeiterkorrespondenz Düsseldorf vom 25.3.2013




Im Bildungswesen wird weiter privatisiert. Konzerne machen Schulen und Kindergärten zu Werbeträgern. [via Junge Welt] lesenswert!!!

»Der Staat verkauft die Kinder an die Industrie«

Im Bildungswesen wird weiter privatisiert.

Konzerne machen Schulen und
Kindergärten zu Werbeträgern.

Gespräch mit Anne Markwardt

Interview: Ben Mendelson
 
[via Junge Welt]
 
 
 
 
Anne Markwardt ist bei der Verbraucherorganisation foodwatch für das Thema
Kinderlebensmittel zuständig

Vor drei Wochen hat die Verbraucherorganisation foodwatch dem
»ungesunden Dickmacher« Capri-Sonne den »Goldenen Windbeutel« für die
»dreisteste Werbelüge 2013« verliehen, weil dieser massiv an Kinder vermarktet
wurde. Passiert das auch an Schulen?

Die Lebensmittelindustrie
ist auch an Schulen vertreten. Konzerne wie Nestlé, McDonald’s oder Ritter
stellen Unterrichtsmaterialien zur Verfügung und versuchen so, ihre Marken in
den Schulen zu positionieren und bestimmte Botschaften über Ernährung zu
vermitteln. Damit erhalten die Kinder oft ein falsches Bild. Außerdem
finanzieren Marken wie PomBär oder funny-frisch Preisverleihungen,
Sportveranstaltungen und Schulfeste. Auch Kindergärten werden zur Werbefläche,
sie erhalten z.B. Päckchen mit kostenlosen Produktproben zugeschickt.

Ist Werbung an Schulen überhaupt erlaubt?

Alle 16
Bundesländer haben unterschiedliche Schulgesetze. Außer in Berlin ist
kommerzielle Werbung an Schulen überall verboten. Erlaubt sind aber
Schulauftritte von Firmen und die Finanzierung schulischer Aktivitäten, wenn
dabei nicht »der pädagogische Nutzen« vernachlässigt wird. Dieser Nutzen ist
aber nicht definiert, die Auslegung liegt letztlich bei Schulleitern und
Lehrern. Die stehen dann vor der Frage, ob sie eine gesponserte Veranstaltung
machen oder gar keine. Skandalös ist daran, daß der Staat die Schulen in diese
Situation bringt, indem er solche Kernaufgaben an die Privatwirtschaft abgibt –
und damit die Kinder an die Industrie verkauft.

Gibt es Studien darüber, in welchem Maße an Schulen geworben
wird?

Was die Lebensmittelindustrie angeht, liegen uns keine
Langzeitstudien vor. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat allerdings
festgestellt, daß die Privatisierung des Bildungswesens in den letzten Jahren
deutlich zugenommen hat. Neben der Lebensmittelindustrie machen sich jetzt auch
Energieunternehmen oder die vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall finanzierte
Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft im Bildungswesen breit. Sie versuchen
beispielsweise, in den Politik- oder Sozialkunde-Unterricht
einzudringen.

Die Organisation Lobbycontrol hat den Einfluß von
Lobbyisten auf Schulen aufgedeckt: Quasi jede lobbyistische Gruppierung
versucht, Einfluß zu gewinnen. Die Gründung spezialisierter Werbeagenturen wie
der »Deutschen Schulmarketing Agentur« zeigt, wie weit die Entwicklung
vorangeschritten ist. Zu ihren Kunden zählen laut Lobbycontrol u.a. die AOK, die
Deutsche Bank und Nokia.

Ist diese Form von Werbung effektiv?

Absolut. Die Marken
werden in einem vertrauenswürdigen Umfeld präsentiert. Das Ziel der Industrie
ist, sich bei den Kindern bekanntzumachen. Das funktioniert an Schulen und
Kindergärten besonders gut, weil dort Erzieher und Lehrer sind, denen die Kinder
vertrauen und von denen man annimmt, daß sie nur das Beste für die
Heranwachsenden wollen.

Perfide daran ist, daß die Kinder dieser Werbung
überhaupt nicht ausweichen können, schließlich müssen sie zur Schule gehen und
beispielsweise mit den gesponserten Materialien arbeiten. Dieser Werbung kann
sich also kein Kind entziehen – und Eltern können ihre Kinder faktisch davor
nicht schützen

Was sollte die Politik gegen die Privatisierung an den Schulen
tun?

Die Werbung an Schulen und Kindergärten muß unterbunden
werden. Damit sind auch Veranstaltungen gemeint, die im Zusammenhang mit
Markennamen oder Logos stehen. Die Lebensmittelindustrie trägt mit ihrem auf
Kinder ausgerichteten Junkfood-Marketing eine Mitverantwortung für Übergewicht,
Fehlernährung und ernährungsbedingte Krankheiten bei jungen Menschen. Die
Lebensmittelindustrie ist nicht Teil der Lösung, sondern Kern des Problems.
Schulen und Kindergärten müssen finanziell so ausgestattet werden, daß sie
wieder werbefrei werden.



Wer hier aufwachse, müsse sich ständig verteidigen, Klischees widerlegen, beweisen, nicht kriminell und «unzivilisiert» zu sein.

«Die wachsende Kluft ist der
Hauptgrund»
 
[via Nachdenkseiten]
 


Zuerst brannten Autos und Abfallcontainer. Dann ein
Polizeirevier. Und schliesslich eine Schule. Unerwartet kam der Ausbruch im
Stockholmer Aussenbezirk Husby nicht. (…) Zwischen 1965 und 1975, zu
sozialdemokratischer Regierungszeit, waren überall in Schweden die neuen Vororte
hochgezogen worden: eine Million Wohnungen zur Behebung der Wohnungsnot. Viele
Quartiere wie Husby waren als reine Wohnstädte konzipiert. SoziologInnen warnten
damals schon vor einem «riskanten Wohnexperiment» und sprachen von «Menschen als
Versuchskaninchen».
 
Doch warum die Explosion jetzt? «Die Ursachen haben sich über Jahre
aufgetürmt», sagt Khamisi: Wer hier aufwachse, müsse sich ständig verteidigen,
Klischees widerlegen, beweisen, nicht kriminell und «unzivilisiert» zu sein.
Jahrelang habe man friedlich protestiert, Versammlungen abgehalten, Politiker
eingeladen, niemanden habe das interessiert. Erst jetzt, als Steine flogen und
Autos brannten, seien die Medien plötzlich da. (…) Tapio Salonen,
Sozialwissenschaftler an der Universität Malmö, macht eine «dramatische
Veränderung» der Gesellschaft verantwortlich. Die Schere zwischen Arm und Reich
habe sich immer weiter geöffnet, diese Entwicklung sei in den vergangenen fünf
bis sieben Jahren noch beschleunigt worden.
 
Vor einem Jahr veröffentlichte die Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung OECD einen Bericht, demzufolge in keinem
westlichen Industrieland die Einkommensunterschiede seit den neunziger Jahren so
stark gestiegen sind wie in Schweden. Dazu beigetragen hat Reinfeldts
Mitte-rechts-Regierung, die innerhalb von sechs Jahren viermal die Steuern für
Gutbetuchte senkte, gleichzeitig den öffentlichen Sektor abbaute und umfassende
Privatisierungen vornahm. In Husby wurden das öffentliche Gesundheitszentrum,
ein Jugendtreffpunkt, eine Schule und mehrere Kinderfürsorgeeinrichtungen
geschlossen. «Die wachsende Kluft ist der Hauptgrund, nicht die ethnische
Zusammensetzung der Bevölkerung», sagt Salonen.

Quelle:
WOZ

Anmerkung unseres Lesers G.K.:

Die nach Schweden zweitstärkste Zunahme bei der Einkommensungleichheit
seit den 90er Jahren verzeichnet Deutschland.




Die natürlichen Verleumder der Armen ... arme Menschen grundsätzlich rauchen und saufen [vertiefend!]

Die natürlichen Verleumder der Armen
 
[via Nachdenkseiten]
 


Die Schlagzeile, Ärztepräsident Montgomery hätte
erklärt, armen Menschen gehe es in Deutschland aus medizinischer Sicht
schlechter als denen, die nicht unter Armut litten, klang vielversprechend.
Immerhin hatte der Mann tags zuvor klargestellt, dass er ein Gesundheitswesen,
in dem alle dieselbe Versorgung erhielten, für “sozialistischen Einheitsbrei”
erachte.

Letztlich kehrte Montgomery inhaltlich nicht um, sondern
unterstrich seine elitäre Attitude. Denn es seien vor allem Tabak, Alkohol und
Fettleibigkeit, die arme Menschen früher sterben ließen. Genau dort bestehe
Handlungsbedarf. Es war also kein progressiver Impuls, der den Ärztepräsident
anleitete, sondern die elitäre Überheblichkeit, bei Unterschichten würde es sich
größtenteils um fette Säufer und dicke Raucher handeln.


Dass arme Menschen grundsätzlich rauchen und saufen ist
die Wahrheit, auf die sich die Eliten in diesem Lande vereinbaren konnten.
 
Auf dieser Grundlage stutzte man den Regelsatz der
Sozialhilfe und vor einiger Zeit sprach sich Steinbrück gegen eine
Kindergelderhöhung aus, damit dieses nicht in Zigarettenschachteln investiert
würde.
 
Die Enthaltungsbewegungen des 19. Jahrhunderts waren die
Wegbereiter. Sie schrieben sich die Abstinenz aufs Panier; die Prohibition
sollte dann ihr größter politischer Erfolg werden.
 
Die Inszenierung war schon damals eine vom frömmelnden
Bildungsbürgertum initiierte, die sich gegen die armen Geschöpfe aus dem
Industrieproletariat richtete.

Quelle: ad
sinistram



»Der Staat verkauft die Kinder an die Industrie« [via Nachdenkseiten]

 
 
»Der Staat verkauft die Kinder an die Industrie«
 
[via Nachdenkseiten]
 

Im Bildungswesen wird weiter privatisiert. Konzerne machen Schulen und
Kindergärten zu Werbeträgern.
 
Gespräch mit Anne Markwardt

Quelle: Junge Welt
 


Zur Vertiefung --->>> Der Psychopath ist der vollends kapitalistische Mensch, ein reines Waren- und Geldsubjekt

Der Psychopath als Vorbild?

[via Nachdenkseiten]

http://www.nachdenkseiten.de/?p=17496#more-17496

Am 3. Juni 2013 gab der Sender 3SAT in
seiner Sendung Kulturzeit dem englischen Psychologieprofessor Kevin
Dutton Raum und Zeit, sein Loblied auf den „Psychopathen“ zu singen. Die Sendung
hat Götz Eisenberg zu ein paar kritischen Anmerkungen provoziert.

Nachdem vor einigen Wochen bereits das
Nachrichtenmagazin Der Spiegel unter dem Titel Raubtiere ohne
Ketten
reißerisch über das Psychopathen-Buch des englischen Psychologen
Kevin Dutton berichtet hat, hat nun auch 3SAT am 3. Juni 2013 in seiner Sendung
Kulturzeit ein Interview mit Kevin Dutton gezeigt, in dem er
ausführlich auf die „Vorbildfunktion der Psychopathen“ einging. Diese seien
durchsetzungsfähig, könnten sich auf das Wesentliche konzentrierten und
handelten sehr überlegt. Von diesen Charaktereigenschaften könnten wir alle im
Alltag profitieren. Für Psychopathen sei wegen ihrer weitgehenden Angstfreiheit
„alles möglich“ und sie besäßen eine „unbekümmerte Rücksichtslosigkeit“. Eine
„bisschen Psychopathie“ käme uns allen zu Gute, Psychopathie wirke als
„Karriere-Turbo“.

Das gelte allerdings nur für eine gewisse
Kategorie unter den Psychopathen, nämlich die „funktionierenden Psychopathen“.
Wenn man unintelligent, aggressiv und psychopathisch sei und dazu noch in der
Unterschicht aufwachse, werde man Schutzgeldeintreiber oder Schläger und lande
über kurz oder lang im Gefängnis. „Wenn Sie psychopathisch, intelligent und
brutal sind und in guten Verhältnissen aufgewachsen sind, dann stehen Ihnen alle
noch so exotischen Berufe offen.“

Noch einmal wies Dutton darauf hin, dass
man bei einer groß angelegten Untersuchung in Großbritannien herausgefunden
habe, dass die meisten Psychopathen unter den Firmenbossen zu finden seien,
gefolgt von Anwälten, Journalisten und Chirurgen. Die Gesellschaft profitiere
von erfolgreichen Psychopathen. Er, Dutton, habe den Eindruck, „dass unsere
heutige Gesellschaft zunehmend psychopathisch wird.“ Eine groß angelegte
Untersuchung unter amerikanischen Studenten habe ergeben, dass Empathie und
Mitgefühl sich in den letzten Jahrzehnten – forciert in den letzten zehn Jahren
– dramatisch zurückgebildet hätten, während die Werte für Narzissmus „durch die
Decke“ gingen.

All das trägt dieser Kevin Dutton so
nüchtern vor, als ginge es um eine Studie über die Freizeit- und Essgewohnheiten
englischer Mittelschichtsfrauen.

Die akademische Psychologie verschwendet
keinen Gedanken an die Strukturvorgaben und Funktionsimperative der
kapitalistischen Wirtschaft. Sie ist auf dem gesellschaftlichen Auge blind und
versucht deshalb, wie Peter Brückner bemerkte, „den Stand der Gestirne bei
bereichsweise bedecktem Himmel zu bestimmen“. Sie kann und will nicht erkennen,
dass die beschriebenen Phänomene eine Begleiterscheinung des neuen
kapitalistischen Zeitalters darstellen.

Der Psychopath ist der vollends
kapitalistische Mensch, ein reines Waren- und Geldsubjekt, dem die äußere
soziale Kälte zur zweiten inneren Natur geworden ist. Dutton interpretiert und
hinterfragt die angesprochenen Entwicklungen nicht, sondern schildert sie wie
Naturprozesse, die er beobachtet und gemessen hat.

Unsereiner nimmt schaudernd zur Kenntnis,
dass die vom Kapitalismus auf seiner gegenwärtigen Entwicklungsstufe
vorangetriebenen Flexibilisierungs- und Mobilisierungsprozesse auf der
Innenseite der Subjekte einen Schwund all der Eigenschaften mit sich bringen,
die wir bis dato für die eigentlich menschlichen angesehen haben.

Alles, was diesen Psychopathen das
Fortkommen unter den Bedingungen des flexiblen Kapitalismus erschwert, wird wie
Ballast abgeworfen. Zurück bleibt jene „unbekümmerte Rücksichtslosigkeit“, von
der Kevin Dutton bewundernd spricht, als handele es sich geradezu um eine neue
Kardinaltugend.

Was Adorno bereits in den vierziger Jahren
des vergangenen Jahrhunderts über die „Radiogeneration“ sagte, gilt umso mehr
für die Ego-Generation von heute: Sie wollen „sich einpassen, das können, was
alle können, das noch einmal tun, was alle tun. Sie sind illusionslos. Sie sehen
die Welt endlich, wie sie ist, aber um den Preis, dass sie nicht mehr sehen, wie
sie sein könnte. Darum fehlt es ihnen auch an Leid.

Sie sind ‚abgehärtet‘ im physischen und im
psychologischen Sinn. Ihre Kälte ist eines ihrer hervortretendsten Merkmale,
kalt fremdem Leiden gegenüber, aber auch sich selbst gegenüber. Ihr eigenes
Leiden hat so wenig Macht über sie, weil sie sich kaum daran zu erinnern
vermögen: es vergeht so, wie der nach der Narkose erwachte Patient von den
Schmerzen der Operation nichts mehr weiß … . Dieser Kälte entspricht eine
geheime Komplizität mit den Dingen, denen man selber ähnlich zu sein strebt.“

Auch der 3SAT-Kommentar enthielt sich
jeder Kritik, sondern stellte lediglich fest, die Thesen von Kevin Dutton seien
zwar gewagt, aber nicht von der Hand zu weisen. Vielleicht seien die
Psychopathen die „geistig Gesunden von morgen“. Sie seien „besser gerüstet für
den ganz alltäglichen Wahnsinn“.




eine "marktkonforme" Anpassung der Schule,--->>> Marktbereitung im Bildungssystem [via NDS] vertiefend

Marktbereitung im Bildungssystem

 
[via Nachdenkseiten]
 
 

In wenigen Tagen trifft sich die BildungsGEWerkschaft zu ihrem Gewerkschaftstag.
Diskussionen um die bildungspolitischen Leitlinien für die nächsten Jahre stehen
auf der Tagesordnung. So unter anderem eine Debatte über die Kommunalisierung
von Bildung im Allgemeinen und über so genannte „Kommunale Bildungslandschaften“
im Besonderen. In einem der vorliegenden
Anträge [PDF - 93.4 KB]
zu diesem Thema wird – demokratietheoretisch
begründet – die Aufhebung der Trennung in innere und äußere Schulangelegenheiten
gefordert. Demokratie wird hier vor allem als Dezentralisierung
verstanden. Worin allerdings – zumal in Zeiten immer knapper werdender
öffentlicher Mittel – das “Demokratisierungspotential“ eines „kommunalisierten“
Bildungssystem genau liegen soll, verbleibt nebulös. Ist Demokratie etwa einfach
nur „Mitbestimmung“ – und zwar gerade da, wo es qualitativ kaum irgendetwas
„mitzubestimmen“ gibt? Oder handelt es sich nicht vielmehr, so die These dieses
Beitrags, um eine „marktkonforme“ Anpassung der Schule, in der demokratische
Mitbestimmung am Ende kaum mehr Platz finden wird und eine Art „Modernisierung“
der Legitimation zunehmender sozialer Ungleichheit (vgl.: Der Bürgerhaushalt –
Zwischen Partizipation und Ruhigstellung
)? Von Jens
Wernicke
.

Die Debatte um eine wie
auch immer geartete „Kommunalisierung“ von Bildung und Bildungsverantwortung
wird seit Längerem geführt. So forderte zum Beispiel bereits 2004 die
Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (AGJ)[i], dass
„Städte und Gemeinden die Zuständigkeiten und Ressourcen zur Gestaltung einer
kommunalen Bildungslandschaft übertragen bekommen“ sollen.

Damit zielte die Debatte in ihrer Historie bereits sehr früh auf eine
Dezentralisierung von Bildungsverantwortung und Ressourcen sowie möglicherweise
sogar der Inhalten ab.

Ein SPD-Beschluss aus 2006 macht diese (ursprüngliche) Intention exemplarisch
deutlich:

„Wenn sich das Modell bewährt, sollen bis 2018 alle allgemein
bildenden Schulen in die vollständige Trägerschaft der Gemeinden, Städte und
Kreise übergehen
; auch bei berufsbildenden und Förderschulen sollen
die Schulträger die Möglichkeit erhalten, sie vollständig zu übernehmen.“

(SPD Niedersachsen: Zukunft der Bildung. Beschluss des Landesvorstandes vom
3. Februar 2006[ii])

Größere öffentliche Aufmerksamkeit fand das Thema dann jedoch erst 2007 durch
eine „Weinheimer Initiative“[iii] der Freudenberg Stiftung, welche das
Thema „Kommunalisierung“ unter dem Schlagwort „Lokale
Verantwortungsgemeinschaften“ zusammenfasste. In dieser Initiative heißt es
unter anderem:

  • „Das Engagement der lokalen Wirtschaft dient
    zugleich der Sicherung und dem Ausbau der eigenen zukünftigen qualifizierten
    Mitarbeiterschaft. Diese Investition in die eigene Zukunft bildet die wirksame
    Basis für lokale und regionale Kooperation.“
  • „Kommunale Koordinierung kann ohne das Engagement von
    Organisationen und Initiativen der Bürgergesellschaft
    und
    einzelner Bürgerinnen und Bürger nur schwer die volle Integrationswirkung
    entfalten […].“
  • „[Lokale Verantwortungsgemeinschaften] […] verdeutlichen den Jugendlichen
    aber auch, dass die örtliche Verantwortungsgemeinschaft Bereitschaft und
    Engagement der Jugendlichen selbst erwarten kann. Die
    Verantwortungsgemeinschaft schließt in diesem Sinne die Jugendlichen mit ein;
    es entstehen vom Grundsatz her gegenseitige Vereinbarungen mit
    Rechten und Pflichten
    auf allen Seiten.“
  • „Eine eigenständige kommunale Ausbildungspolitik
    ist unerlässlich. Die Kommune sollte die Verantwortung für die Koordinierung
    aller Maßnahmen vor Ort übernehmen.“

Es folgte noch ein Papier des „Deutschen Vereins für öffentliche und private
Fürsorge e.V.“ (Deutsche Vereine)[iv] sowie
eine weitere Stellungnahme des Deutschen Städtetags[v]. Beide
Verlautbarungen sorgten dafür, dass eine breite öffentliche Debatte ausgelöst
wurde, die bis heute anhält.

Der „Deutsche Verein“, ein Zusammenschluss der öffentlichen und freien Träger
sozialer Arbeit, formuliert unter anderem:

  • „Eine Kommunale Bildungslandschaft entsteht, wenn alle am Prozess der
    Bildung, Erziehung und Betreuung beteiligten Akteure ihre Angebote miteinander
    verschränken und zu einem konsistenten Gesamtsystem zusammenführen: Familie,
    Kindertageseinrichtung, Kinder- und Jugendhilfe, Schule,
    Wirtschaft und Betriebe etc.“
  • „Um diesen Prozess voranzutreiben und zu steuern bedarf es einer
    Weiterentwicklung der Kooperationskultur mit verbindlichen
    Kontrakten der beteiligten Organisationen unter öffentlicher
    Verantwortung
  • „Ein umfassendes Bildungsmonitoring als
    integriertes Berichtswesen von Bildungsverläufen vor Ort sind
    Grundvoraussetzung für eine Integration von Schulentwicklungs- und
    Jugendhilfeplanung und ein Qualitätssicherungsinstrument Kommunaler
    Bildungslandschaften.“
  • „Der Deutsche Verein hat mit seinem gemeinsam mit der Deutschen Bank
    Stiftung durchgeführten bundesweiten Praxisforschungsprojekts „Coole Schule:
    Lust statt Frust am Lernen“ (2002-2005) bereits deutlich gemacht, dass es zur
    Zusammenarbeit vor allem der Bereiche Jugendhilfe, Schule und
    Wirtschaft im Bildungsbereich keine Alternative
    gibt.“
  • „Der Deutsche Verein spricht sich daher nachdrücklich dafür aus, dass
    alle Bildungsakteure, von der Familie über die Schule, Jugendhilfe
    bis zu Betrieben aufeinander bezogen arbeiten
    “
  • „Wenn Kommunale Bildungslandschaften das bürgerschaftliche Engagement
    fördern wollen, muss interessierten Personen und Gruppen die
    Möglichkeit der Betätigung gegeben werden
  • „Dies unterstreicht die Notwendigkeit, Bildung zukünftig als eine im
    öffentlichen Interesse liegende Aufgabe zu sehen, in der alle kommunalen
    Akteure, vom bürgerschaftlichen Engagement bis hin zu Unternehmen,
    Stiftungen, Einzelpersönlichkeiten und anderen Organisationen und
    Bündnissen
    (z.B. Das Bündnis für Familien) einbezogen und
    mobilisiert werden.“
  • „Zur Sicherstellung bzw. Erhöhung der Effektivität von Kommunalen
    Bildungslandschaften ist eine kontinuierliche
    Evaluation
    erforderlich.“
  • „Ferner geht mit der Einbeziehung von nonformalen Angeboten, Orten und
    Modalitäten der Bildung in das Gesamtkonzept auch die verstärkte
    Einbeziehung ehrenamtlich Tätiger
    einher.“
  • „Gleichwohl ist dieses Engagement weiterhin durch den Dualismus der
    Zuständigkeiten geprägt. Diese, nach den Schulgesetzen der Länder zwischen
    Land und Kommunen existente, Trennung in innere und äußere
    Schulangelegenheiten führt in der Praxis immer wieder zu erheblichen
    Problemen, die einer gelingenden Kooperation entgegenlaufen können. Den
    Kommunen wird durch diese Trennung der konsequente Aufbau eines
    bildungspolitischen Gesamtkonzeptes erschwert, weil sie – bezogen auf die
    Schule – in der Regel bislang nur Schulträger sind und grundsätzlich keine
    Einflussmöglichkeiten auf die konkrete Gestaltung und die Qualität der
    Bildungsprozesse in der Schule und den Umgang mit den in erster Linie
    personellen Ressourcen haben. […] Neben einer erweiterten Selbstständigkeit
    der Schule bedarf es zukünftig daher letztlich einer stärkeren kommunalen
    Verantwortung für Schule insgesamt. Erst wenn die Kommunen durch erweitere
    Zuständigkeiten tatsächlich auch über inhaltliche und personelle
    Gestaltungsmöglichkeiten verfügen
    , werden sie in die Lage
    versetzt, die systemimmanenten wie die weiteren örtlichen Ressourcen im
    Interesse der jungen Menschen und im Sinne ihres bildungspolitischen
    Gesamtkonzeptes miteinander verbinden zu können“

Gefordert wird unter dem Namen „Kommunale Bildungslandschaften“ also von
Anbeginn an unter anderem:

  • die Öffnung des Bildungssystems für wirtschaftliche
    Interessen
    , ja, die kontraktgemäße Anbindung der
    Bildungsinstitutionen an die Interessen der lokalen Wirtschaft;
  • eine Deprofessionalisierung im
    Bildungsbereich
    ;
  • die Ausweitung prekärer
    Beschäftigungsverhältnisse
    ;
  • den Kommunen die Verantwortung über alle
    Schulressourcen
    (einschließlich der Lehrerarbeitsverhältnisse)
    sowie über Bildungsinhalte zu überantworten.

Auch in einem Folgepapier herrschte derselbe Tenor. Der Deutscher Städtetag,
größter kommunaler Spitzenverband in Deutschland, formuliert:

  • „Die in den Ländern eingeleiteten Reformen in Schule und Bildung gehen in
    die richtige Richtung. Bundesweite Bildungsstandards, Lernstandserhebungen und
    zentrale Prüfungen sichern Vergleichbarkeit und Qualität,
    ermöglichen Wettbewerb und die notwendige
    Mobilität.“
  • „Die Verantwortung der Städte in der Bildung
    muss deshalb gestärkt werden.“
  • „Als Grundlage für regionale Steuerung und Qualitätssicherung sollte ein
    umfassendes Bildungsmonitoring als integriertes
    Berichtswesen von Bildungsverläufen vor Ort gemeinsam von Kommunen und Ländern
    entwickelt werden.“
  • „Die Länder werden aufgefordert, kommunale Steuerungsmöglichkeiten
    insbesondere im Schulbereich zu erweitern und die Zuständigkeiten
    im Bereich der inneren und äußeren Schulangelegenheiten zugunsten der Kommunen
    neu zu ordnen

Auch hier das gleiche Strickmuster: „Kommunale Bildungslandschaft“ bedeutet
die Überwindung der Trennung in äußere und innere Schulangelegenheiten;
gefordert wird somit eine Übertragung der Zuständigkeiten für Ressourcen
(einschließlich der Lehrerarbeitsverhältnisse) und Bildungsinhalte an die
Kommunen.
Allein schon wegen der sehr unterschiedlichen Finanzlage
der Kommunen dürfte dies zu einem massiven Auseinanderdriften von
Bildungsqualität, Bildungsinhalten, Löhnen und Arbeitsbedingungen in den
einzelnen Kommunen führen.

Was das konkret bedeuten würde,
verdeutlicht exemplarisch ein Forderungspapier, das wenig später vom Hessischen
Landkreistages[vi] veröffentlicht wurde. In diesem heißt es:

  • „Technische Vorgaben für die Ausstattung von Schulgebäuden in Deutschland
    müssen auf den Prüfstand gestellt werden. Wer sich im europäischen Ausland
    umschaut, wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich Deutschland
    maximale Ausstattungsstandards leistet, bei
    inhaltlichen Leistungsvergleichen, wie der PISA-Studie aber schlecht
    abschneidet. In Deutschland muss möglich sein, was in vielen europäischen
    Ländern Realität ist: Schuleinrichtungen müssen zwar sicher sein, Kindern und
    Jugendlichen kann jedoch das allgemeine
    Lebensrisiko
    , das sie auch außerhalb der Schule betrifft, nicht
    abgenommen werden.“

In einem neueren Papier des Deutschen Vereins[vii] wird
noch deutlicher. Dort heißt es unter anderem:

  • „Gerade hier dürften funktionierende Kommunale Bildungslandschaften [...]
    Synergieeffekte auch für die finanziellen Ressourcen
    freisetzen.“
  • „Gerade in dünner besiedelten Regionen scheitern Gewerbeansiedlungen mit
    einem spezifischen Arbeitskräftebedarf häufig daran,
    dass die notwendigen Arbeitskräfte weder bereits vor Ort sind, noch mit
    vernünftigem Aufwand „angelockt“ werden können. Hier zahlen sich Bemühungen um
    eine Gestaltung und Weiterentwicklung der kommunalen Bildungsinfrastruktur
    durch die jeweilige Kommune spätestens mittelfristig im Wettbewerb mit anderen
    Standorten aus.“
  • „Kommunales Bildungsmonitoring muss sich kontinuierlich […] über
    Ergebnisse und Erträge von Bildungsprozessen stützen
    können
    . [...] Die zentrale Herausforderung der nächsten Jahre
    wird darin liegen, die konkreten Bildungserträge
    eines verbindlich und partizipativ strukturierten kommunalen
    Bildungsmanagements empirisch erfassbar zu
    gestalten“
  • „Denkbar wäre auch die Einrichtung eines kommunalen
    Bildungsfonds
    oder Bildungsbudgets. In einen solchen Fonds
    könnten [...] sowohl öffentliche Fördermittel als auch Eigenmittel
    der weiteren beteiligten Akteure, Spenden, Zuwendungen von Stiftungen und
    andere Mittel
    einfließen.“

Es fehlt eigentlich nur noch die Forderung, die Trägerschaft aller
beteiligten Bildungseinrichtungen an derlei „Fonds“ oder „Stiftungen“, die sie
ja nun auch (mit-) finanzieren, zu übertragen. Diese Forderung wird in manchen
Kreisen durchaus schon ausgesprochen.

Es kann daher grundsätzlich festgehalten werden: Wer sich positiv auf
„Kommunale Bildungslandschaften“ bezieht, verleiht damit einem Konzept
Legitimation, das von Anfang an in jedem Falle gegen die beruflichen Standards
und damit gegen die Interessen der im Bildungssystem Beschäftigten ausgerichtet
war – und es in aller Regel auch heute noch ist: Der materielle Kern der so
genannten Bildungslandschaften ist ferner nicht, wie oft behauptet wird, eine
„Verbesserung der Lernbedingungen für die Schülerinnen und Schüler“ etc. pp.,
sondern die Diversifizierung
(„Kommunalisierung“) von Schule und Lebenswelt
, die mittelfristig auf eine
Deregulierung der schulischen Bildung selbst, aber auch auf eine Lockerung von
Sicherheits- und Arbeitsstandards sowie auf eine Aufsplitterung von
Beschäftigungsverhältnissen und somit auf Deprofessionalisierung und
Prekarisierung abzielt. Langfristig scheint auch dieses Konzept für die
Möglichkeit einer weitgehenden Entstaatlichung und funktionalen Privatisierung
von Schule zumindest anschlussfähig zu sein.

In Bayern, wo mehrere Großstädte seit Längerem bereits berufliche Schulen in
eigener Trägerschaft halten, schließt sich dieser Kreis bereits: Nachdem der
Verband der Berufsschullehrer aufgrund der Finanznot der Kommunen schon vor fast
einem Jahrzehnt titelte „Kommunale Schulen vor dem Kollaps?“, ist die
Entwicklung heute bereits einen Schritt weiter.

Der lokalen Presse war hier vor einiger Zeit beispielsweise zu entnehmen:
„Der Landkreis [Aschaffenburg] steigt in Gespräche mit der gemeinnützigen
Caritas Schulen GmbH ein, die sich für eine Übernahme der Trägerschaft der
Aschaffenburger Fachakademie für Sozialpädagogik interessiert“. Und weiter:
„Nicht möglich sei [...] eine Verstaatlichung [...] [derselben]. Dann hätten
rund 300 weitere [kommunale] Schulen in Bayern ebenfalls das Anrecht darauf, und
das sei ‚für den Freistaat [...] nicht tragbar‘. Obwohl [...] [derselbe] auch
bei Privatschulen das Geld aus seiner Kasse zuschießt, sieht [...] [das
Bayerische Kultusministerium hier] einen klaren Unterschied: [...] Finanziell
sei eine Differenz etwa bei den Verwaltungskosten gegeben.” Das heißt: Die
kommunalen Schulen werden aufgrund der Lage der öffentlichen Kassen bereits
heute privatisiert. Für die öffentliche Hand erscheint das logisch wie effizient
zugleich.
Das Label “Kommunale Bildungslandschaften” eignet sich daher in
keiner Weise als Bezugspunkt für die Entwicklung gewerkschaftlicher Programmatik
und Politik.
Zugleich erfordern jedoch die Tatsachen, dass die Kommunen
zunehmend zum Ort bildungspolitischer Aktivitäten und Gestaltung werden und dass
Kommunale Spitzenverbände auf Landes- und Bundesebene eigenständige und teils
eigenwillige Positionen in der Bildungspolitik beziehen vor dem Hintergrund der
oben genannten widersprüchlichen Entwicklungen, dass die Gewerkschaften sich dem
Arbeitsfeld der “kommunalen Bildungspolitik” verstärkt zuwenden.
„Bildung ist
Menschenrecht!“, sollte dabei die Devise lauten. „Um die Menschen zu
selbstständigem Urteilen und Handeln in einem politischen Gemeinwesen zu
befähigen, ist eine verallgemeinerte Bildung – über die Grenzen der einzelnen
Disziplinen hinweg – unabdingbar. Jedoch beruht demokratische Bildung
auch auf materiellen Voraussetzungen: Nur Formen des Lehrens und Lernens, die
frei von ökonomischen Imperativen sind, ermöglichen autonomes Denken und das
Gestalten einer demokratischen Gesellschaft“
, wie es in einer
Streitschrift zur Gründung eines
Instituts für demokratische Bildung
so treffend heißt. Dies muss stets
mitbedacht werden, wenn wieder einmal – wie zuletzt in Bezug auf die „Autonome
Hochschule“, die „Selbstständige Schule“ oder den „Bürgerhaushalt“ – Demokratie
bemüht wird, um systemkonforme Modernisierungen zu legitimieren, die, so wage
ich zu behaupten, eher das Gegenteil des Behaupteten forcieren: eine „marktkonforme Demokratie“
nämlich, die gewisse Dinge immer mehr und mehr wirklicher Mitsprache und
-bestimmung entzieht.

Weiterlesen: Auf
dem Weg zur kommunalen Schule Offene und verdeckte Privatisierung im
Bildungssystem – Jens Wernicke [PDF - 2.7 MB]


 

Anmerkung WL: Es ist positiv zu bewerten, wenn darüber
nachgedacht wird, die Bildung in der Schule etwa mit Angeboten der Jugendhilfe
zu verbinden. Auch Kindertagesstätten und Grundschule sollten als Teil der
Primarerziehung besser kooperieren. Aber selbst wenn die Kommunen finanziell in
der Lage wären, Schulbildung besser zu finanzieren, dann bestünde die Gefahr,
dass im Rahmen ihrer jeweiligen Budgets ganz unterschiedliche Prioritäten
gesetzt würden. Welchen Stellenwert hätte dann die nur langfristig wirkende
schulische Bildung gegenüber dem ständig aktuellen Druck wirtschaftlicher
Förderung? Wie sähe es dann mit einer weiteren Zersplitterung der ohnehin immer
unübersichtlicheren schulischen Bildung aus? Wo bliebe der Verfassungsgrundsatz
„gleichwertiger Lebensverhältnisse“? Wie sähe es mit der gleichen Bezahlung der
Lehrkräfte aus? Würden sich nicht nur – wie schon heute die Länder untereinander
– die reichen Kommunen den ärmeren die Lehrkräfte gegenseitig
abwerben?

Kommunale Demokratie ist wichtig, aber schon heute,
regieren in vielen Kommunen die Sparkommissare. Ohne eine grundlegende Änderung
der Finanzverteilung führte eine „Kommunalisierung“ der Schule nur zu noch mehr
privaten Schulen und zu weiterer Entdemokratisierung.

Interessant
wäre ein Blick in unser Nachbarland, die Schweiz.

In dieser
Diskussion sollte man nicht übersehen, dass das Engagement der Bundesregierung
für den Aufbau „kommunaler Bildungslandschaften“ vor allem aus einer
Umgehungsstrategie der fehlenden Zuständigkeit des Bundes in der Bildungs- und
Schulpolitik resultiert. Der Bund erhoffte sich durch das Engagement auf
kommunaler Ebene, die Zuständigkeit der Länder für die Schulpolitik umgehen zu
können. Ohne eine Kooperation von Bund, Ländern und Kommunen wird Schulpolitik
zur Kirchturmpolitik – und das in einem offenen Europa!

Nachtrag Jens Wernicke:

Zur Vermeidung von Missverständnissen…

Es ist sinnvoll:

  • Schulen zu demokratisieren und Schülern, Eltern und Lehrern und
    Schulträgern generell mehr Mitbestimmung zu ermöglichen – unter anderem in
    Bezug auf Personalentscheidungen;
  • die Rechtsansprüche von Kindern, Jugendlichen und Eltern sowie Kommunen
    bzw. Schulträgern und Schulen gegenüber den Ländern und Landkreisen auszubauen
    und aufzuwerten und bspw.:
    • den Schulträgern ein grundsätzliches Recht auf Schulgründungen (von
      IGSen im echten Ganztag und ohne Zwang zur äußeren
      Fachleistungsdifferenzierung) zu gewähren;
    • den Schulträgern einen grundsätzlichen Anspruch auf bedarfsgerechte
      Landeszuweisungen (mindestens im Rahmen des Konnexitätsprinzips)
      zuzusprechen;
    • Schulschließungen nur im Einvernehmen mit den betroffenen Kommunen sowie
      ggf. Eltern, Schülern und Lehrern vorzunehmen;
    • Eltern – wie in Finnland – einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung
      für Kleinstkinder in unmittelbarer Wohnortnähe zu gewähren usw. usf.;
    • Schülern einen Rechtsanspruch auf qualitativ hochwertige Beschulung bis
      zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife in unmittelbarer Wohnortnähe zu
      gewähren;
    • die pädagogischen Freiheiten der Lehrer zu erweitern, sie bspw. auf
      Noten verzichten zu lassen etc.;
  • Transparenz für Entscheidungen an und über Schule herzustellen;
  • Bildungsangebote vor Ort besser miteinander zu vernetzen und aufeinander
    abzustimmen;
  • kommunale Bildungszuständigkeiten zu konzentrieren (1 Amt statt 4 oder
    5);
  • vor Ort AnsprechpartnerInnen und Beratungsangebote zu schaffen;
  • LehrerInnen besser auszubilden, zu coachen etc. pp.

Wirklich spürbare, qualitative Verbesserungen im Bildungssystem sind
jedoch nur möglich, wenn immense Mehrausgaben getätigt werden. Freiheit für gute
Pädagogik und Qualität von Unterricht haben materielle
Voraussetzungen!

Nicht sinnvoll ist es hingegen:

  • viel Mühe in die Unterstützung von Projekten einzubringen, die unter der
    Prämisse stehen, dass mit stagnierenden oder sogar sinkenden Mitteln die
    Qualität im Bildungssystem gesteigert werden könnte (in der Regel
    „Durchsetzungsrhetorik“ für andere Ziele);
  • Schulen zu Betrieben umzubauen;
  • Schulleiter als Unternehmensleiter oder „Schulmanager“ einzusetzen;
  • Schulen untereinander in Wettbewerb zu setzen;
  • Schulen entsprechend der Nachfrage und/oder ihrer messbaren „Leistungen“
    zu finanzieren;
  • Personalhoheit oder Schulaufsicht von der Landesebene weg zu verlagern
    (Deregulierung durch Dezentralisierung; Aufgabe des Grundgesetzauftrages der
    Sicherung „gleichwertiger Lebensverhältnisse“ durch horizontale
    Ausdifferenzierung des Schulsystems; Freigabe der Löhne sowie für „hire and
    fire“; eine der letzten Formen endogener Privatisierung);
  • die pädagogischen Freiheiten durch betriebswirtschaftliche Steuerung,
    Leistungskennzahlen und Zielvereinbarungen sowie „Total Quality Management“,
    die allesamt Qualität in Effizienz umdefinieren, sukzessive abzuschaffen.


Entmündigung + Entrechtung der Betroffenen ohne größeres Aufsehen und somit ohne Widerstand in der Bevölkerung durchzusetzen sucht.

 

Doktor-Spiele

[via nachdenkseiten.de]

http://www.nachdenkseiten.de/?p=17468#more-17468

Die Bundesagentur für Arbeit
in Nürnberg (BA) sowie die ihr unterstellten Jobcenter sind offensichtlich
dabei, ihr Tätigkeitsfeld zu erweitern: auf das Gesundheitswesen. Schon im April
dieses Jahres wurde eine Weisung der BA publik, nach der angebliche „Blaumacher“
unter den AlG2-Empfängern entlarvt werden sollen.

Aktuell macht sich nun die
Praxis breit, in offiziellen amtlichen Schreiben Krankheitsatteste von Ärzten
schon vorbeugend für unzureichend zu erklären.

Es scheint, als verfolge man
im Umgang mit Sozialleistungsempfängern die „Taktik der kleinen Schritte“,
welche mithilfe einer schleichenden Gewöhnung die schrittweise Entmündigung und
Entrechtung der Betroffenen ohne größeres Aufsehen und somit ohne Widerstand in
der Bevölkerung durchzusetzen sucht.


Von Lutz
Hausstein[
1]

Die Dienstanweisung der
Bundesagentur für Arbeit, vor allem jedoch die darauffolgende Ausschlachtung in
den Medien, zur Entlarvung vermeintlicher Blaumacher hat die öffentliche
Wahrnehmung von Sozialleistungsempfängern ein weiteres Mal in die Richtung
vermeintlich fauler und arbeitsunwilliger Leistungserschleicher gerückt. Am 8.
April veröffentlichten verschiedene Medien die Information, wonach die
zuständigen Jobcenter verstärkt Krankmeldungen von Sozialleistungsempfängern
überprüfen sollen.

Als Anhaltspunkte für
eine möglicherweise vorgeschobene Erkrankung [PDF - 60.6
KB]
werden explizit häufige und häufig kurze
Krankmeldungen, häufige Krankmeldungen zu Beginn oder Ende der Woche,
Krankschreibungen im Zusammenhang mit Meldeterminen, bei Angeboten oder
Abbrüchen diverser Maßnahmen, bei Auseinandersetzungen mit dem persönlichen
Ansprechpartner sowie weiteren spezifischen Umständen aufgeführt.

Diesem Verdacht soll anschließend nachgegangen werden,
indem der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) eingeschaltet wird,
um die jeweilige Erkrankung zu prüfen. Dabei sollen sowohl Beurteilungen des MDK
nach reiner Aktenlage wie auch persönliche Inaugenscheinnahme durch die
MDK-Gutachter angewandt werden. Schon allein diese Handhabung ist prinzipiell
bedenklich. Daran ändert sich auch nichts, wenn man darum weiß, dass diese
Vorgehensweise ebenso durch Arbeitgeber gegenüber ihren erkrankten Mitarbeitern
mithilfe des MDK angewandt werden kann.

Denn es ist reichlich fragwürdig, einer kurzen
Begutachtung durch den MDK eine höhere fachliche Korrektheit zuweisen zu wollen
als der, durch in der Regel langjährige medizinische Begleitung, fachlichen
Einschätzung des jeweiligen Hausarztes. Dieser kennt die Umstände und
Besonderheiten seines Patienten meist ausgezeichnet und kann dessen
Krankheitsdiagnose auch im komplexen Gesundheitsverlauf über einen längeren
Zeitraum individuell einordnen. Somit wirkt die kurze Begutachtung durch die
Beauftragten der Krankenkassen auch als eine Entwertung der verantwortungsvollen
und auch keineswegs immer einfachen Tätigkeit eines Arztes. Es ist nicht
nachvollziehbar, wie eine einmalige Inaugenscheinnahme eines Patienten, erst
recht gar eine Beurteilung nach reiner Aktenlage, die langjährige
Patientenkenntnis des Mediziners nicht nur ersetzen, sondern mit einer genau
gegenteiligen Bewertung unter Umständen gar überstimmen könnte.

Dieses Spannungsverhältnis wird umso denkwürdiger, wenn
man berücksichtigt, in wessen Auftrag der MDK fungiert und wo folglich mit hoher
Wahrscheinlichkeit eine gewisse Interessenlage zu verorten ist. Der Medizinische
Dienst der Krankenversicherung ist eine, in der Regel auf Länderebene,
fungierende Arbeitsgemeinschaft, welche für alle Krankenkassen Beratungs- und
Begutachtungsleistungen erbringt.

Dabei ist der MDK nicht für eine einzelne Krankenkasse
tätig, sondern wird mittels eines Umlagesystems von allen, im betreffenden
Bundesland aktiven, Krankenkassen finanziert und wird daraufhin gleichfalls von
diesen mit Aufträgen betraut. Somit wird ersichtlich, dass der MDK in seinen
konkreten Einzelentscheidungen zwar nicht vom Interesse einer ganz bestimmten
Krankenkasse gelenkt wird. Dennoch ist zweifelsfrei klar, dass dem
Grundinteresse aller Krankenkassen, einer größtmöglichen Kostenreduzierung,
durch die Entscheidungen des MDK über Gebühr Rechnung getragen und damit im
Gleichklang den Patientenrechten nur unzureichend Beachtung geschenkt werden
könnte.

Taucht man nur ein wenig tiefer in diese Materie ein,
begegnet man einer Vielzahl von Personen, die immer neue Beispiele für ein
zumeist sehr restriktives Vorgehen des MDK vorbringen. Da der MDK für die
Krankenkassen ein sehr breites Aufgabenfeld bearbeitet, betreffen die Fälle auch
die unterschiedlichsten Lebensbereiche.

Dies reicht von kompletten Gesundschreibungen durch den
MDK (
Erfahrungsbericht
einer Burnout-Patientin via Stephanie Dann
), auch entgegen
dem ärztlichen Attest des behandelnden Hausarztes, welche erst nach Widerspruch
durch den Patienten wieder zurückgenommen wurden, über Festlegungen zum Grad der
Erwerbsfähigkeit (anhand der maximal zu leistenden Wochenarbeitsstunden, Verbot
bestimmter Betätigungen, zu vermeidender Umwelteinflüsse), die in den Gutachten
des MDK, im Gegensatz zu vorherigen ärztlichen Gutachten, plötzlich deutlich
höher ausfielen, dringend benötigten Behandlungen (
BR,
Report München, 02.10.2012
) und Operationen (WDR,
Markt, 18.03.2013
), deren Kostenübernahme durch die
Krankenkassen der MDK verwarf, bis hin zu pflegenotwendigen Einstufungen. Selbst
bei der Unterbringung sterbenskranker Patienten im Hospiz spielt der MDK mit
seinen Entscheidungen immer wieder eine äußerst unrühmliche Rolle (
ARD,
Fakt, 18.07.2011 via YouTube
).

Nun sollen also verstärkt auch Sozialleistungsempfänger
den Begutachtungen genau dieses MDK unterzogen werden.
Krankheitsbild-irrelevante Bauchgefühle von Sachbearbeitern der Jobcenter setzen
den Mechanismus des MDK in Gang, dessen Entscheidungen immer wieder zu
grundlegenden Diskussionen über dessen Objektivität führen. Und in deren Folge
auch kranke Sozialleistungsempfänger als gesund deklariert würden. Woraufhin das
betreffende Gutachten des MDK als Beweis einer Leistungserschleichung mittels
vorgeschobener Krankheit verwendet würde, die wiederum zur Begründung einer
Sanktionierung durch Kürzung des Bedarfsregelsatzes diente. Es bedarf keiner
allzu großen Phantasie, um in diesem Konstrukt ein enormes Potential an sehr
willkürlichen Aktivitäten zu sehen.

Dass all dies nicht nur theoretisch bedeutsame Bedenken
sind,
verdeutlicht
der folgend dargelegte Fall
. Ein 48-jähriger Essener
Sozialleistungsempfänger ist zu 100 Prozent schwerbehindert und hatte darüber
hinaus in der Vergangenheit schon 2 Herzinfarkte erlitten. Dies hinderte die
Arbeitsvermittlerin des für ihn zuständigen Jobcenters jedoch nicht, ihm eine
Arbeit „anzubieten“. Selbstverständlich, wie immer in einem solchen Fall, mit
dem Hinweis auf Sanktionen im Falle einer Ablehnung seinerseits. Medizinische
Rückendeckung erhielt die Sachbearbeiterin durch den medizinischen Dienst des
Jobcenters, welcher dem Betroffenen nur wenige Wochen zuvor die Arbeitsfähigkeit
für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bescheinigte. Unter dem Druck der
Sanktionsdrohung trat der betroffene Sozialleistungsempfänger, trotz Abraten
seines Hausarztes, die „angebotene“ Hausmeistertätigkeit an. Allerdings nur
kurz. Denn bald darauf beendete ein dritter Herzinfarkt diese Arbeit. Was dieser
zu bedeuten hat, wissen selbst Nichtmediziner. Denn in den allermeisten Fällen
verläuft ein dritter Herzinfarkt tödlich. Selbstverständlich ist das nur ein
bedauerlicher Einzelfall. Einer unter Tausenden von anderen bedauerlichen
Einzelfällen.

Doch auch an anderen Stellen greift das
Jobcenter-Personal erheblich in medizinische Belange ein. Dem Autor liegt die
Kopie einer Einladung des Leipziger Jobcenters vor, in welcher schon vorbeugend
die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung „nicht als wichtiger Grund für
Ihr Nichterscheinen“ bezeichnet wird. Stattdessen wird eine Bescheinigung
gefordert, welche die Unmöglichkeit der Terminwahrnehmung aus medizinischen
Gründen belegt. Etwaige Kosten für diese Bescheinigung würden bis zu 5,36 Euro
übernommen werden. Diese Vorgabe ist praktisch eine Entwertung des ärztlichen
Attestes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (umgangssprachlich:
Krankenschein).

Oberhalb der ärztlichen
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung existiert jedoch kein allgemeingültiges
vorgefertigtes Dokument, das diesen Tatbestand der Nichtwahrnehmbarkeit eines
Termins bestätigen würde. Die gelegentlich in öffentlichen Diskussionen benannte
„Bettlägerigkeitsbescheinigung“ ist ein Phantom. Allerdings gibt es die
Möglichkeit, beim behandelnden Arzt behelfsweise ein ärztliches Gutachten
anzufordern, das zum Zweck des medizinischen Nachweises für die Unmöglichkeit
einer Terminwahrnehmung ausgestellt würde.

Ein solches Gutachten zählt jedoch nicht zu den
Leistungen, welche von den Krankenkassen übernommen werden, da es über das Maß
einer ausreichenden,
zweckmäßigen
und wirtschaftlichen Patientenversorgung
hinausgeht. Es
gilt als sogenannte „Individuelle Gesundheitsleistung“ (IGeL) und muss somit vom
Patienten selbst bezahlt werden. Nun wurde zwar in der Einladung des Jobcenters
eine Kostenübernahme in Höhe von bis zu 5,36 Euro zugesichert. Es ist jedoch
keineswegs zwingend, dass damit die Kosten dieses Behelfskonstrukts „ärztliches
Gutachten“ auch wirklich gedeckt sind. Denn die Individuellen
Gesundheitsleistungen sind ärztliche Zusatzleistungen, deren Preise jeder Arzt
individuell festlegen kann. Theoretisch könnte ein Arzt ein solches Gutachten
kostenlos ausstellen, was allerdings höchstwahrscheinlich kaum der Fall sein
dürfte. Er könnte ebenso dafür 3, 5 oder auch 10 Euro in Rechnung
stellen.

Egal, wie man diesen Fall nun auch dreht und wendet. Es
ist mehr als dubios, ein offizielles ärztliches Attest in Form einer
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu entwerten, indem es für unzureichend erklärt
wird. Auch wenn diese Praxis offenbar nicht flächendeckend angewandt wird, so
gibt es doch eine Vielzahl zu kritisierender Aspekte an diesem Vorgehen. Sowohl
aus Sicht der Betroffenen wie auch seitens der Ärzteschaft. Nicht zuletzt bleibt
jedoch vor allem festzuhalten, dass auch dies ein weiterer, wenn auch kleiner,
Schritt der zunehmenden Entmündigung und Entrechtung von
Sozialleistungsempfängern ist. Denn gerade diese kleinen Schritte sind es, die
eine Gewöhnung der Öffentlichkeit, ja sogar der Betroffenen selbst, nach sich
ziehen. Und genau hierin liegt der Grund, den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung
umso intensiver auf diese Entwicklung zu lenken.

 

[«1] Lutz Hausstein (44),
Wirtschaftswissenschaftler, ist als Arbeits- und Sozialforscher tätig. In seinen
2010 und 2011 erschienenen Untersuchungen „Was der Mensch braucht“ ermittelte er
einen alternativen Regelsatzbetrag für die soziale Mindestsicherung. Er ist u.a.
Ko-Autor des Buches „Wir sind empört“ der Georg-Elser-Initiative Bremen sowie
Verfasser des Buches „Ein Plädoyer für Gerechtigkeit“.





6 276 000 tatsächliche Arbeitslose - tatsächliche Arbeitslosenzahl doppelt so hoch wie die offizielle Ziffer

Nebelkerzen der
Bundesagentur für Arbeitslose
[RotFuchs -
Ausgabe Juni 2013 - Seite 4]
"So stehen
Behauptungen nachgeordneter BA-Mitarbeiter im Raum,
die tatsächliche
Arbeitslosenzahl sei ungefähr doppelt so hoch wie
die offizielle
Ziffer. Das wären dann allerdings schon etwa
6 276 000 Arbeitslose,
was
einer Quote von 14,8 % entspräche."
Nebelkerzen-Bundesagentur-RotFuchs-Juni-2013-Seite-4-


Begründung der Verfassungswidrigkeit von Einschränkungen des Existenzminimums-->> Warum Hartz IV Verfassungswidrig ist

Warum Hartz IV Verfassungswidrig ist

Begründung der Verfassungswidrigkeit von
Einschränkungen des Existenzminimums
durch das Zweite Sozialgesetzbuch (Sanktionen nach §
31 SGB-II)
auf Basis des Urteils des Bundesverfassungsgerichts
von Dipl.-Ing. Ulrich Engelke
 
[via gegen-hartz.de]
 
 
 

Vorbemerkungen: Für die Richtigkeit und für Folgen aus der Anwendung
dieses Manuskripts wird keinerlei Gewährleistung bzw. Haftung übernommen. Die
Verwendung erfolgt ausschließlich auf eigene Verantwortung. Der Verfasser
beansprucht ausdrücklich keine Urheberrechte.

Im ersten Leitsatz
des Urteils des BVerfG wird ein Grundrecht auf ein Existenzminimum definiert.
Man muss jedoch feststellen, dass diese neue Grundrechtsdefinition bisher nur
sehr selten wahrgenommen wird. In der Gesellschaft ist sie längst noch nicht
angekommen. Von den herrschen politischen Kräften wird sie nicht nur ignoriert,
sondern gezielt hintertrieben. Vor allen Dingen wird durch die massive
Verhetzung von Hilfebedürftigen ein breiter gesellschaftlicher Konsens gegen die
Umsetzung in die Sozialgesetzgebung erzeugt. Beispiele für Verhetzungskampagnen
sind Westerwelles Äußerungen über „spätrömische Dekadenz“ und die perfekt
unterschwellig wirkende und meisterhafte Formulierung der Bundeskanzlerin Frau
Dr. Merkel, die immer mal wieder von „Arbeitsanreizen“ spricht.

Das hat
Methode, denn Sanktionen erzeugen Druck auf den „Arbeitsmarkt“, machen
Lohnabhängige gefügig und schwächen unsere Gewerkschaften. Auch deswegen ist
Deutschland Lohndumpingweltmeister. Die Arbeitnehmer in Deutschland haben Angst
davor selbst in Hartz-IV zu geraten und trotzdem sind viele für Sanktionen. Die
Verhetzung hat die Gesellschaft bereits gespalten und vernichtet das Gefühl
füreinander. Man sieht nicht hin, wenn Mitbürger unter Zwang und Zwangsarbeit
leiden müssen oder wenn etliche die Wohnungen verloren haben und auf der Straße
leben müssen. Dies betrifft vor allen Dingen Jugendliche.

Die
Menschenverächter sind gnadenlos. Es geht um Profit. Vielleicht ist es aber auch
die pure Lust an der Vernichtung von Existenzen - dies alles im Gegensatz zur
Verpflichtung des Staates, für das neu definierte Grundrecht einer materiellen
Existenzsicherung aktiv und vorauseilend zu sorgen. Die
freiheitlich-demokratische Grundordnung wird beschädigt. Das ungehemmte
Aufblühen der Hetzkampagnen nach dem Urteil zeigt, dass Vorsatz besteht. Die
Herrschenden sind sich der
Verfassungswidrigkeit von Sanktionen sehr wohl
bewußt. Sie bilden eine eingeschworene Mafia mit den Profiteuren.

Begründung der Verfassungswidrigkeit von Sanktionen nach
SGB-II:
Mit Beschluss vom 09. Februar 2010 hat das
Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Bemessung der Regelsätze für
Hilfebedürftige nicht den grundgesetzlichen Ansprüchen genügt.

Zitat
aus dem Urteilsspruch:

1. § 20 Absatz 2 1. Halbsatz und Absatz 3 Satz
1, § 28 Absatz 1 Satz 3 Nr. 1 1. Alternative, jeweils in Verbindung mit § 20
Absatz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch in der Fassung des Vierten Gesetzes für
moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003
(Bundesgesetzblatt I Seite 2954), § 20 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3
Sozialgesetzbuch Zweites Buch in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des
Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006
(Bundesgesetzblatt I Seite 558), § 28 Absatz 1 Satz 3 Nr. 1 1. Alternative in
Verbindung mit § 74 Sozialgesetzbuch Zweites Buch in der Fassung des Gesetzes
zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland vom 2. März 2009
(Bundesgesetzblatt I Seite 416), jeweils in Verbindung mit § 20 Absatz 1
Sozialgesetzbuch Zweites Buch in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung
der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (Bundesgesetzblatt I
Seite 1706), sowie die Bekanntmachungen über die Höhe der Regelleistung nach §
20 Absatz 2 und § 20 Absatz 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch vom 1.
September 2005 (Bundesgesetzblatt I Seite 2718), vom 20. Juli 2006
(Bundesgesetzblatt I Seite 1702), vom 18. Juni 2007 (Bundesgesetzblatt I Seite
1139), vom 26. Juni 2008 (Bundesgesetzblatt I Seite 1102) und vom 17. Juni 2009
(Bundesgesetzblatt I Seite 1342) sind mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz in
Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikel 20 Absatz 1 Grundgesetz
unvereinbar.

Das BVerfG hat weiterhin festgelegt, wie die
Ansprüche Hilfebedürftiger zu ermitteln sind.
Zitat des dritten
Leitsatzes:


Zur Ermittlung
des Anspruchumfangs hat der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen in
einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie
nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger
Berechnungsverfahren zu bemessen.

Im weitgehender gesellschaftlicher
Übereinstimmung wird das Urteil des BVerfG vorwiegend so aufgefaßt, als wäre
ausschließlich über die Höhe des Regelsatzes für Hilfebedürftige entschieden
worden. Dem steht jedoch gegenüber, dass die Festlegung der Höhe grundsätzlich
nur dann durch das BVerfG möglich ist, wenn grundgesetzliche Ansprüche auf die
Hilfe bestehen. Denn ohne eine Verpflichtung zur Existenzsicherung würde es sich
um eine freiwillige Leistung der Bundesrepublik Deutschland für seine
hilfebedürftigen Bürger handeln. Darüber hätte das Bundesverfassungsgericht
jedoch nicht zu befinden. Das Bundesverfassungsgericht hat den grundgesetzlichen
Anspruch auf das Existenzminimum in seinem Urteil umfänglich begründet. Er wird
in den vier Leitsätzen des Urteils den Bemessungskriterien vorangestellt. Zuerst
der Anspruch, dann die Festlegung der Höhe. Das ist die Konsistenz des
Urteils.

Der erste Leitsatz beschreibt den allgemeinen Anspruch
(auf ein menschenwürdiges Existenzminimum) und formuliert ein Grundrecht.
Die Ausführungen des BVerfG beim ersten Leitsatz sind eindeutig und bedürfen
keiner Kommentierung

Zitat 1. Leitsatz:

Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums
aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs.
1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu,
die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am
gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich
sind.

Im zweiten Leitsatz werden Spezifikationen der Ausgestaltung
des Existenzminimums aufgeführt.

Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1
GG hat als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG neben
dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes
Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss
eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung
durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen
Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen
auszurichten hat. Dabei steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu.

Die
Spezifikationen des zweiten Leitsatzes zum Grundrecht sind im Einzelnen
auflösbar:

1. Auf das Grundrecht besteht ein absoluter Anspruch. Es ist
daher nicht einschränkbar. Sanktionen, durch § 31 im SGB-II formuliert, werden
durch den absoluten Anspruch ausgeschlossen und praktisch verboten.

2.
Der Anspruch wird nochmals bekräftigt. Er ist „unverfügbar und muss eingelöst
werden“. Er ist daher nicht einschränkbar und die Existenzsicherung muss
gewährleistet sein. Ausnahmen sind grundsätzlich ausgeschlossen.

3. Das
Grundrecht wird vom Gesetzgeber konkretisiert. Er hat es gemäß der im dritten
Leitsatz genannten und oben bereits aufgeführten Spezifikationen transparent zu
bestimmen.

4. Es ist stetig zu aktualisieren. Gründe könnten
Preiserhöhungen oder sich allgemein höhere Lebensstandards in der Gesellschaft
auch mit neueren technischen und allgemein „breit" verwendeten Entwicklungen
(bestehende Lebensbedingungen) sein. Dann wäre der Regelsatz in der Höhe
entsprechend anzupassen.

5. Der Gesetzgeber besitzt einen
Gestaltungsspielraum. Dieser Spielraum darf aber nicht so verstanden werden,
dass dadurch eine rechtliche Öffnung für Sanktionsmöglichkeiten erfolgt. Dagegen
sprechen zwei Gründe. Erstens setzt der erste Leitsatz eine (absolute)
Haltelinie dagegen und zweitens wird unter Randziffer 133 explizit zum
Gestaltungsspielraum klargestellt, dass er sich ausschließlich auf eine
allgemeine Spezifikation bezieht, vergl. Kommentierung von Randziffer 133 weiter
unten. Anm.: Ohne weitere Erläuterungen ist die Formulierung jedoch
mißverständlich.

Die Leitsätze stellen das Grundrecht auf ein
Existenzminimum zusammenfassend an den Anfang. In der Begründung des Urteils
wird zum Anspruch dann rechtlich umfassender ausgeführt. Die Texte der ersten
beiden Leitsätze sind erkennbar (zusammenfassend verkürzter) Bestandteil der
Begründungen unter Randziffer 133.

Zitat Randziffer 133
Das
Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ergibt
sich aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 40,
121 <133>; 45, 187 <228>; 82, 60 <85>; 113, 88 <108 f.>;
Urteil vom 30. Juni 2009 - 2 BvE 2/08 u.a. -, juris, Rn. 259). Art. 1 Abs. 1 GG
begründet diesen Anspruch. Das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG wiederum
erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, jedem ein menschenwürdiges Existenzminimum
zu sichern, wobei dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum bei den
unausweichlichen Wertungen zukommt, die mit der Bestimmung der Höhe des
Existenzminimums verbunden sind (vgl. BVerfGE 35, 202 <236>; 45, 376
<387>; 100, 271 <284>). Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG hat
als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem
absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes
Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss
eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung
durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen
Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen
auszurichten hat. Dabei steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu.

Unter
Randziffer 133 wird direkt ausgeführt, dass der Gestaltungsspielraum des
Gesetzgebers sich auf die unausweichlichen Wertungen bezieht, die mit der
Bestimmung der Höhe des Existenzminimums verbunden sind und allgemeingültig für
sämtliche Hilfebedürftige gelten.

Zitat aus Randziffer 133 zum
Gestaltungsspielraum:
Das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG wiederum
erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, jedem ein menschenwürdiges Existenzminimum
zu sichern, wobei dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum bei den
unausweichlichen Wertungen zukommt, die mit der Bestimmung der Höhe des
Existenzminimums verbunden sind.

Diese Festlegung schließt damit eine
willkürlich auf den Einzelnen bezogene Unterdeckung aus und bestätigt die oben
vorgetragene Kommentierung der Leitsätze, dass der freie Gestaltungsraum für
Sanktionen nicht nutzbar ist. Wertungen sind beispielsweise die genaue
Festlegung der Teilhabemöglichkeiten, die Ausstattung der Wohnung, Anspruch auf
übliche technische Geräte usw.. Anm.: Das Bundesverfassungsgericht hat keinen
Katalog aller Mindestansprüche aufgestellt. Auch wenn der Gesetzgeber einen
freien Gestaltungsspielraum besitzt, bleibt er doch an die Gewährleistung des
Existenzminimums (Grundrecht) gebunden. Dies schließt beispielsweise auch eine
Teilhabe am kulturellen Leben usw. ein und beschränkt sich nicht auf das
ausschließlich Physische.

In der vorliegenden Berechnung des Regelsatzes
ist eine freiwillige Leistung jedoch nicht zu erkennen. Die Leistungen sind so
niedrig angesetzt, dass man annehmen kann, dass höchstens das grundgesetzliche
Mindestmaß erfüllt ist. Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht - denn einige
Sozialgerichte sind der Auffassung, die Regelsätze seien zu niedrig bemessen -
sind anhängig. Im übrigen müßte zur Ausschöpfung eines eventuellen
Sanktionsspielraumes eine freiwillige Leistung des Gesetzgebers in der
Berechnung des Regelsatzes
ausgewiesen sein. Ein Sanktionsspielraum ist jedoch durch das Fehlen der
Definition der freiwilligen Leistung nicht bestimmt. Mit der Begründung des
Gestaltungspielraumes zu sanktionieren, wäre deshalb verfassungsrechtlich nicht
möglich. Gegebenenfalls wäre es verfassungsrechtlich zu überprüfen.

Das
Bundesverfassungsgericht stellt an die Zahlung von Leistungen an Hilfebedürftige
bestimmte Bedingungen. Sie besitzen dann unabweisliche Ansprüche, wenn keine
Mittel aus Erwerbstätigkeit oder Vermögen vorhanden sind und keine Zuwendungen
Dritter erfolgen.

Zitat Randziffer 134:
a) Art. 1 Abs. 1 GG erklärt die Würde des
Menschen für unantastbar und verpflichtet alle staatliche
Gewalt, sie zu
achten und zu schützen (vgl. BVerfGE 1, 97 <104>; 115, 118 <152>).
Als Grundrecht ist die Norm nicht nur Abwehrrecht gegen Eingriffe des Staates.
Der Staat muss die Menschenwürde auch positiv schützen (vgl. BVerfGE 107, 275
<284>; 109, 279 <310>). Wenn einem Menschen die zur Gewährleistung
eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil er
sie weder aus seiner Erwerbstätigkeit, noch aus eigenem Vermögen noch durch
Zuwendungen Dritter erhalten kann, ist der Staat im Rahmen seines Auftrages zum
Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen
Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen
Voraussetzungen dafür dem Hilfebedürftigen zur Verfügung stehen. Dieser
objektiven Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 GG korrespondiert ein
Leistungsanspruch des Grundrechtsträgers, da das Grundrecht die Würde jedes
individuellen Menschen schützt (vgl. BVerfGE 87, 209 <228>) und sie in
solchen Notlagen nur durch materielle Unterstützung gesichert werden
kann.


Kommentierung von Randziffer 134:

1.
Allgemeines
In der Begründung wird ausgeführt, dass der Gesetzgeber die
Menschenwürde „positiv“ zu
schützen hat. Er ist verpflichtet, dafür zu
sorgen, dass Hilfebedürftige über die materiellen Existenzgrundlagen verfügen.
Dieser Verpflichtung ist die Bundesrepublik Deutschland bisher nicht
nachgekommen, denn die Sanktionsmöglichkeiten hätten weitestgehend aufgehoben
werden müssen. Sanktionen sind nur in den Fällen möglich, bei denen das
Existenzminimum überschritten ist, vergl. nachfolgende Kommentierung in den
Punkten 2. bis 4..

2. Erwerbstätigkeit
Einkommen aus Erwerbstätigkeit
werden bis auf die Freibeträge auf die Leistungen angerechnet. Sanktionierbar
wären Freibeträge bei Erwerbstätigkeit, da sie über das Existenzminimum
hinausgehen.

3. Vermögen
Vermögen über den geschützten Bereich hinaus
werden bereits mit Leistungszahlungen verrechnet. Es bliebe ein Zugriff auf das
Restvermögen. Es wäre jedoch verfassungsrechtlich zu prüfen, ob dann
Gleichheitsgrundsätze verletzt würden. Eine bestimmte, individuell
beispielsweise durch Wohneigentum noch weiter differenzierbare Menge, ist zur
Sicherung persönlicher Lebensumstände jedoch erforderlich. Es ist niemandem
zumutbar, mit dem „Damoklesschwert“ eines finanziellen unvorhersehbaren Bedarfs
zu leben. Es entspricht der Natur des Menschen, Sicherheiten aufzubauen. Die
Wegnahme dieser Sicherheiten beeinträchtigt die grundgesetzlich geschützte Würde
des Menschen und bedürfte der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Im
übrigen ist dieser Fall im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch nicht bestimmt. Eine
Sanktion mit dem Verweis auf Vermögen wäre wegen der Unbestimmtheit bereits
daher verfassungsrechtlich bedenklich.

4. Zuwendungen
Dritter
Zuwendungen Dritter können nicht verfügt werden. Nur tatsächliche
freiwillige Leistungen Dritter zum Lebensunterhalt könnten verrechnet werden.
Unter Randziffer 135 werden die Ansprüche blockmäßig aufgeschlüsselt Dies
bezieht sich auf die Ermittlung der Höhe des Regelsatzes und nicht auf den
Anspruch. Auf ein Zitat und einen Kommentar kann daher verzichtet
werden.

Unter Randziffer 136 wird klargestellt, dass die Leistungen durch
einen gesetzlichen Anspruch zu sichern sind. Auf freiwillige Leistungen des
Staates oder Dritter darf nicht verwiesen werden. Auch hier wird bestimmt, dass
der Staat zur Sicherung des Existenzminimums verpflichtet ist.

Zitat
Randziffer 136:
c) Die Gewährleistung eines menschenwürdigen
Existenzminimums muss durch einen gesetzlichen Anspruch gesichert sein. Dies
verlangt bereits unmittelbar der Schutzgehalt des Art. 1 Abs. 1 GG. Ein
Hilfebedürftiger darf nicht auf freiwillige Leistungen des Staates oder Dritter
verwiesen werden, deren Erbringung nicht durch ein subjektives Recht des
Hilfebedürftigen gewährleistet ist. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung
eines menschenwürdigen Existenzminimums muss durch ein Parlamentsgesetz
erfolgen, das einen konkreten Leistungsanspruch des Bürgers gegenüber dem
zuständigen Leistungsträger enthält. Dies findet auch in weiteren
verfassungsrechtlichen Grundsätzen seine Stütze. Schon aus dem Rechtsstaats- und
Demokratieprinzip ergibt sich die Pflicht des Gesetzgebers, die für die
Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen selbst zu treffen (vgl.
BVerfGE 108, 282 <311> m.w.N.). Dies gilt in besonderem Maße, wenn und
soweit es um die Sicherung der Menschenwürde und der menschlichen Existenz geht
(vgl. BVerfGE 33, 303 <337>; 40, 237 <249>). Zudem kann sich der von
Verfassungs wegen bestehende Gestaltungsspielraum des Parlaments nur im Rahmen
eines Gesetzes entfalten und konkretisieren (vgl. BVerfGE 59, 231 <263>).
Schließlich ist die Begründung von Geldleistungsansprüchen auch mit erheblichen
finanziellen Auswirkungen für die öffentlichen Haushalte verbunden. Derartige
Entscheidungen sind aber dem Gesetzgeber vorbehalten. Dafür reicht das
Haushaltsgesetz nicht aus, weil der Bürger aus ihm keine unmittelbaren Ansprüche
herleiten kann (vgl. BVerfGE 38, 121 <126>).

Unter Randziffer
137 erfolgt ein weiterer und der letzte Bezug auf den Anspruch eines
Grundrechtsträgers
auf die Gewährleistung des Existenzminimums durch den
Staat. Es wird hier betont, dass stets der gesamte existenznotwendige Bedarf
gedeckt sein muss. Zeitweilige Unterschreitungen durch Hartz IV Sanktionen
werden auch durch diese Formulierung nochmals ausgeschlossen.

Zitat
Randziffer 137:
Der gesetzliche Leistungsanspruch muss so ausgestaltet
sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen
Grundrechtsträgers deckt (vgl. BVerfGE 87, 153 <172>; 91, 93 <112>;
99, 246 <261>; 120, 125 <155 und 166>). Wenn der Gesetzgeber seiner
verfassungsmäßigen Pflicht zur Bestimmung des Existenzminimums nicht hinreichend
nachkommt, ist das einfache Recht im Umfang seiner defizitären Gestaltung
verfassungswidrig.

Die Begründung unter Randziffer 148 führt aus,
dass das Existenzminimum durch den Regelsatz und weitere Leistungen dargestellt
wird. Das Grundrecht wird materiell konkretisiert. Eine Unterdeckung von
Regelsatz, Kosten der Unterkunft und weiterer zum Existenzminimum gehörender
Leistungen ist in Verbindung mit den obigen Begründungen nicht
zulässig.

Zitat Randziffer 148:
a) Die Regelleistung zur Sicherung
des Lebensunterhalts dient nach der Definition in § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F.
beziehungsweise in § 20 Abs. 1 SGB II n.F. sowohl dazu, die physische Seite des
Existenzminimums sicherzustellen, als auch dazu, dessen soziale Seite
abzudecken, denn die Regelleistung umfasst in vertretbarem Umfang auch die
Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Anderen von der
verfassungsrechtlichen Garantie des Existenzminimums umfassten Bedarfslagen wird
im Sozialgesetzbuch Zweites Buch durch weitere Ansprüche und Leistungen neben
der Regelleistung Rechnung getragen. Die Absicherung gegen die Risiken von
Krankheit und Pflegebedürftigkeit wird durch die Einbeziehung von
Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldempfängern in die gesetzliche Kranken- und
Pflegeversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a und § 10 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr.
2a und § 25 SGB XI und die Leistungen zur freiwilligen bzw. privaten Kranken-
und Pflegeversicherung nach § 26 SGB II gewährleistet. Besonderer Mehrbedarf
wird zum Teil nach § 21 SGB II gedeckt. § 22 Abs. 1 SGB II stellt die Übernahme
angemessener Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem individuellen Bedarf
sicher.

Zusammenfassung
- Das Bundesverfassungsgericht hat
in seinem Urteil vom 09.02.2010 nicht nur über die Höhe der beklagten Regelsätze
entschieden, sondern hat darüber hinaus als Voraussetzung der Bestimmbarkeit der
Regelsatzhöhe ein neues Grundrecht auf die Gewährleistung des Existenzminimums
definiert.

- Die Bundesrepublik Deutschland hat „positiv“, d. h. aktiv
und vorauseilend in der Gesetzgebung dafür zu sorgen, dass jedem
Hilfebedürftigen die materiellen Voraussetzungen für ein Leben in Würde stets
gegeben sind. Einschränkungen sind absolut ausgeschlossen. Diesem Auftrag ist
der Gesetzgeber bisher nicht nachgekommen. Eine neue Grundrechtsdefinition
erteilt dem Gesetzgeber einen Auftrag auf die gesetzliche Ausformung.

-
Grundrechte dürfen nach Artikel 19 Grundgesetz in ihrem Wesensgehalt nicht
angetastet werden. Die Sanktionsregelungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
steht im völligen Gegensatz dazu. Auch nicht ansatzweise wird dem Grundrecht im
Vollzug des SGB-II entsprochen. Auf eine weitere umfassende Begründung der
Verfassungswidrigkeit von Sanktionen von Isabel Erdem und dem
Bundesgerichtshofrichter a. D. Wolfgang Neskovic vom April 2012 in der
Zeitschrift „Die Sozalgerichtsbarkeit“ wird verwiesen.




Zur Vertiefung --->>> Thema Ausbildung: #Viele #Betriebe #nicht #ausbildungsreif [via einblick]

 
 
Viele Betriebe
nicht ausbildungsreif
[einblick - Heft 10 - 2013 - Ausgabe vom 27.05.2013 - Seite
8]
Betriebe_nicht_ausbildungsreif-einblick-10-2013-v27-05-S-8-



Zur Vertiefung am Businessmittwoch --->>> Die Hartz IV Schmarotzer sind die Unternehmen


 
 

Die Hartz IV Schmarotzer sind die Unternehmen

Immer mehr befristete Arbeitsverhältnisse im Niedriglohnbereich im
deutschen Handel
 
[via gegen-hartz.de]
 
 
Für die Löhne im deutschen Handel zahlt der Staat kräftig mit, weil die
Unternehmen sich weigern, vernüftige Beschäftigungsverhältnisse mit gerechten
Gehältern zu bieten. Angaben von „Spiegel
Online“ zufolge fallen jährlich rund 1,5 Milliarden Euro für Hartz IV-Aufstocker
an, deren Einkommen unterhalb des Existenzminimums liegt. Demnach liegt der
Stundenlohn jedes fünften Arbeitnehmers im Handel unter 8,50 Euro. Die meisten
Betroffenen sind weiblich und haben nur ein befristetes
Arbeitsverhältnis.

Staat zahlt kräftigt mit bei Löhnen im
Handel
Jeder dritte Arbeitnehmer im deutschen Handel muss mit einem
Stundenlohn von weniger als zehn Euro auskommen. Jeder Fünfte erhält Daten aus
dem Jahr 2010 zufolge sogar weniger als 8,50 Euro in der Stunde. Da das Geld
schlichtweg nicht zum Leben reicht, müssen viele der Niedriglöhner mit Hartz IV
aufstocken. Meist sind die Betroffenen weiblich und in einem befristeten
Arbeitsverhältnis beschäftigt, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf
eine Kleine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht, die „Spiegel online“
vorliegt.

Wie das Magazin berichtet, werden für den Handel jährlich etwa
1,5 Milliarden Euro für ergänzende Leistungen zur Grundsicherung (Hartz IV)
ausgegeben. Drei Viertel der Betroffen sind im Einzelhandel beschäftigt. Im Juni
2012 erhielten demnach 130.000 Arbeitnehmer im Einzelhandel aufstockende
staatliche Leistungen. „Spiegel Online“ beruft sich dabei auf Angaben der
Bundesregierung.

„Es ist nicht hinnehmbar, dass auf Kosten der
Beschäftigten und der Gemeinschaft Niedriglöhne mit Steuergeldern in
Milliardenhöhe aufgestockt und so Gewinne von Unternehmen subventioniert werden,
die auf Lohndumping setzen", erklärte Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische
Sprecherin der Linken im Bundestag, gegenüber dem Magazin. Die Politikerin
fordert die Einführung eines Mindestlohns und spricht sich für Einschränkungen
unsicherer Beschäftigungsverhältnisse wie Leiharbeit aus.

Immer
weniger Vollzeitstellen im Handel
Eine weitere bedenkliche Entwicklung im
Handel ist die Abnahme der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitstellen.
Stattdessen steigen die Zahlen bei Minijobs und Teilzeitstellen mit weniger als
20 Arbeitsstunden pro Woche. Im Jahr 2011 haben Angaben des Magazins zufolge
fast 40 Prozent der Beschäftigten in einem solchen Arbeitsverhältnis gestanden.
Im Jahr 2000 habe die Zahl mit 31 Prozent noch deutlich niedriger gelegen. Vor
allem befristete Arbeitsverhältnisse hätten mit einem Zuwachs von zwei Dritteln
stark zugenommen. Im Juni 2012 standen 2,2 Millionen von den 3,2 Beschäftigten
im Einzelhandel in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. Von
den rund 2,3 Millionen Frauen hatten lediglich 1,3 Millionen beschäftigte eine
Vollzeitstelle, was „Spiegel Online“ zufolge einem Minus von elf Prozent
gegenüber dem Jahr 2000 entspricht. 980.000 Frauen arbeiteten in einem Minijob,
51 Prozent mehr als im Jahr 2003. Obwohl auch Leiharbeit zu den sogenannten
atypischen Beschäftigungsverhältnissen gehört, gibt es für diese Sparte keine
gesonderten Daten für den Einzelhandel.

Ein weiteres Problem im Handel
stellt der Rückgang der tarifgebundenen Unternehmen dar. Als prominentes
Beispiel sei Karstadt genannt. Der Konzern war aus dem Flächentarifvertrag
ausgestiegen, um tarifliche Lohnerhöhungen nicht mittragen zu müssen. Anfang des
Jahres kündigten zudem die Arbeitgeber in fast allen Bundesländern den
Manteltarif im Einzelhandel wie „Spiegel Online“ berichtet. Der Anteil der
Beschäftigten im Handel, die nach Tarif bezahlt werden, sei von 2000 bis 2011 im
Westen von 70 auf 54 Prozent gesunken und im Osten von 43 auf 32 Prozent. Diese
Entwicklung gebe der Bundesregierung „Anlass zur Sorge“, weil „Tarifverträge in
bestimmten Bereichen ihre Schutzfunktion nicht entfalten können". Ob es jedoch
zur Reform bei der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen komme,
sei unklar. (ag)


31
Mai
2013

Generation Biedermeier - Panische Absturzangst, massiver Anpassungswille... [Entsolidarisierung durch eine neoliberale Wirtschaftsideologie]

 
 
 
 
 
 
 


 
Generation
Biedermeier
(Nachdenkseiten)
 
 
 
 

Panische
Absturzangst, massiver Anpassungswille sowie Verachtung für alle, die
abgerutscht sind: Das Bild, das das Marktforschungsinstitut Rheingold von der
Jugend im Jahr 2010 zeichnet, ist nicht gerade beruhigend.
 
Alle acht Jahre
befragen die Kölner Forscher in psychologischen Interviews junge Menschen
zwischen 18 und 24 Jahren zu ihren Lebenseinstellungen, und in diesem Jahr haben
sie signifikante Zuspitzungen ermittelt.

Irgendwie erinnern
einen die Resultate an die Sarrazin-Kontroverse, auch Rheingold-Chef Stephan
Grünewald geht es so. Sarrazin „greift offenbar ein vorhandenes Lebensgefühl
auf“, sagte Grünewald der FR.
 
Sarrazin macht
Migranten, vor allem die muslimischen, selbst für ihre Integrationsprobleme
verantwortlich und wirft ihnen vor, der Gesellschaft mehr Kosten als Nutzen zu
bringen.
 
So populistisch und
sozialdarwinistisch diese Schuldzuweisung sein mag – dafür, dass sie so viel
Zustimmung erhält, bietet die Studie Erklärungshilfen.
Quelle:
FR online
 

Anmerkung Jürgen
Karl:

Sehen wir hier die
Folgen einer seit Jahren systematisch betriebenen Entsolidarisierung durch eine
neoliberale Wirtschaftsideologie, die nur die Verwertbarkeit der „Human
Resource“ als alleinige Richtlinie propagiert? Siehe auch den vorherigen
Hinweis.



Auch in Deutschland: Menschen mit Migrationshintergrund auf dem Weg in ein Subproletariat - Stockholm läßt grüßen

13281
Rundbrief 31.05:
 
Auch in Deutschland:
 
Menschen mit
Migrationshintergrund auf dem Weg in ein Subproletariat - Stockholm läßt
grüßen
 
[via
jjahnke.net]
 
 
 

Deutschland scheint die Kurve mit der
Integration von Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund nicht richtig
zu schaffen. Menschen mit Migrationshintergrund haben in Deutschland einen
wesentlichen höheren Anteil als solche ohne bei fehlender Schulbildung,
Nicht-Erwerbstätigkeit und bei Armutsgefährdung (Abb. 13281). Rechnet man zu den
Nicht-Erwerbstätigen noch die ausschließlich geringfügig Beschäftigten von 12,7
% der Erwerbstätigen hinzu, so haben fast die Hälfte der Menschen mit
Migrationshintergrund im erwerbsfähigen Alter keinen richtigen
Job.

Das hohe Ausmaß an Menschen mit
Migrationshintergrund an Arbeitslosen und Hatzt-4-Empfängern zeigt jetzt auch
eine neue Studie der Bundesagentur für Arbeit. 35 % der Arbeitslosen haben einen
Migrationshintergrund. Unter den Arbeitslosen mit Migrationshintergrund haben 68
%, die dazu Angaben machten, keine abgeschlossene Berufsausbildung und gelten
als "gering qualifiziert". Bei den Arbeitslosen ohne Migrationshintergrund lag
der Anteil dagegen nur halb so hoch bei knapp 35 %. Ein Fünftel der Arbeitslosen
mit Migrationshintergrund hatte keinen Hauptschulabschluß (sonst nur knapp 9 %).

Nur 16,6 % hatten die mittlere Reife
(sonst 30,4 %). Ein Drittel war bereits länger als ein Jahr arbeitslos. Das sind
bedrückende Werte. Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund an allen
erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Grundsicherung ("Hartz IV") beträgt
rund 42 %, in W-Deutschland sogar etwas über 51 %. Wenn mehr als die Hälfte
aller Hartz-IV-Empfänger Menschen mit Migrationshintergrund sind, dann läuft die
Integration schrecklich falsch, und bereitet sich hier ein Subproletariat in
einer Parallelgesellschaft vor.



--->> Schuld ist dann in der Meinungsmache natürlich die Demografie [via NDS]

Neue Strategien gegen Fachkräftemangel:
Zuwanderer dringend gesucht
 
[via
Nachdenkseiten]
 

Der Bundesrepublik gehen die Fachkräfte aus. Nun soll die neue
Generation von Migranten aus Südeuropa helfen. Aber Deutschland arbeitet noch an
seinen Strategien, die qualifizierten Zuwanderer zu locken und zu
halten.
Quelle: Tagesschau

Anmerkung MB:

Diese Meldung ist eine Kombination aus verschiedenen Elementen üblicher
Meinungsmanipulation. Sehr viele Unternehmen bilden unzureichend aus und
beschweren sich dann öffentlichkeitswirksam über zu wenige Fachkräfte.
Arbeitslose erfahrene Fachkräfte im Inland werden aber nicht eingestellt. Schuld
ist dann in der Meinungsmache natürlich die Demografie und es ist schon
erstaunlich,
dass nicht auch noch
die Lohnnebenkosten
und die Wettbewerbsfähigkeit hineingepackt werden; die
Globalisierung ist zwischen den Zeilen zu erkennen.

Wie üblich wird eine Prognose über die fehlenden Fachkräfte im Jahr 2030
unreflektiert übernommen. (Test: Stellen Sie sich bitte vor, wir hätten 1932 und
sollten eine glaubwürdige Prognose über eine wirtschaftliche Prognose – in dem
Fall Fachquoten – für das Jahr 1949 abgeben.) Werden dann mal gezielt Fachkräfte
im europäischen Ausland gesucht, stellt die betreffende deutsche Kommune von
15.000
portugiesischen Bewerberinnen und Bewerber nur 40 ein
.

Anmerkung unseres Lesers X.L.:

Also da hab ich auch nicht schlecht gestaunt dieses mal, als die
Tagesschau selbst die Absurdität und Widersprüchlichkeit der Argumentation
unserer Regierung in Sachen Fachkräftemangel – wohl mehr zufällig und ungewollt
– aber umso trefflicher aufzeigte.





Und täglich grüßt das Konsumindexmurmeltier - Warum ignorieren die Medien nicht endlich die GfK? [via NDS]

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Und täglich grüßt das Konsumindexmurmeltier – Warum ignorieren
die Medien nicht endlich die GfK?

 
[via Nachdenkseiten]
 
 
 

Jeden Monat aufs Neue beglücken uns die
Medien mit dem Konsumklimaindex der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).
Dieser Index ist ein echtes Mysterium. Eine Korrelation zwischen dem von der GfK
„gemessenen“ Konsumklima und der tatsächlichen Einzelhandelsumsätze ist nur in
Ausnahmefällen zu erkennen. Doch einen Zweck scheint der Konsumklimaindex zu
haben: Monat für Monat dient er den Medien als Steilvorlage, ihr Märchen vom
Konsumwunderland Deutschland weiterzuspinnen.

Da sich dieses Märchen jedoch nicht durch
Daten untermauern lässt, liegt hier der Verdacht nahe, dass bei der
Berichterstattung zum Konsumklimaindex die Grenzen zwischen journalistischer
Sorgfaltspflicht und Meinungsmache überschritten werden.

Von Jens Berger.

Am 29. Januar meldete
SPIEGEL Online
, dass die „Verbraucher optimistisch ins Jahr 2013“ starteten.
Im Artikel heißt es dann, die GfK habe „für Januar ein kräftiges Plus von 15,2
Punkten beim Indikator für die Anschaffungsneigung gemessen“. Nach der Systematik
des Konsumgüterindex
heißt dies, dass die GfK eine Steigerung des privaten
Verbrauchs um 1,52 Prozentpunkte für den Monat Februar vorhersagt. Der
GfK-Konsumklimaindex wird stets am vorletzten Tag des Monats veröffentlich und
bezieht sich prognostisch auf den Folgemonat. Basis des Index ist eine Befragung
von 2.000 repräsentativ ausgewählten Personen, denen am Telefon drei Fragen zu
ihrer Anschaffungsneigung und zu ihrer Erwartung bezüglich der
gesamtwirtschaftlichen Situation gestellt werden.
Aus den Rohdaten wird dann nach einem „ausgeklügelten“ Verfahren mit
Algorithmen, die nur der GfK bekannt sind, der bekannte Index errechnet. Doch
welchen „Wert“ hat dieser Index?

Im Februar sind die Einzelhandelsumsätze nicht – wie von der GfK vorhergesagt
– um 1,52% gestiegen, sondern um 2,2% gesunken, wie Ende März das Statistische
Bundesamt meldete.
Derartige Diskrepanzen sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Für den April
dieses Jahres sagte die GfK eine Steigerung der Konsumausgaben um 0,6% voraus,
was SPIEGEL ONLINE damals zur kühnen Überschrift „Verbraucher bleiben trotz
Rückkehr der Eurokrise in Kauflaune“ anregte.
Wie das Statistische Bundesamt heute vermeldete,
sanken die Einzelhandelsumsätze jedoch gegenüber dem März kalender- und
saisonbereinigt um nominal und real 0,4%. Anstatt sich mit der nunmehr mehrfach
belegten Diskrepanz zwischen dem GfK-Konsumklimaindex und der Realität zu
beschäftigen, fabulieren die Medien jedoch stets aufs Neue die Mär vom
Konsumwunder. Erst letzte Woche meldete
SPIEGEL ONLINE unter Berufung auf die GfK „Deutsche kaufen gegen die Krise an“
und das zum SPIEGEL-Verlag gehörende Manager Magazin machte daraus sogar die Meldung
„Konsumenten retten Deutschland vor der Rezession“.

Jeder unbedarfte Leser wird bei diesen Überschriften nun denken, dass die
Deutschen tatsächlich mehr Geld an den Ladenkassen ausgeben. Diese
Interpretation ist jedoch auf Basis des GfK-Konsumklimaindex überhaupt nicht
möglich – vollkommen unabhängig davon, ob die Zahlen nun stimmen oder nicht. Aus
der Frage „Glauben Sie, dass es zurzeit ratsam ist, größere Anschaffungen zu
tätigen?“, die den telefonisch Interviewten gestellt wird, Schlussfolgerungen
über die Konsumausgaben zu ziehen, ist – sagen wir es einmal freundlich –
gewagt. Aus diesen gewagten Prognosen eine Geschichte zu machen, die suggeriert,
dass die auf dürrer Basis aufgestellten Prognosen die Realität widerspiegeln,
ist manipulative Meinungsmache.

Wer sich primär über Medien wie SPIEGEL Online informiert, muss glatt denken,
dass die Konsumausgaben permanent steigen und Eurokrise, Rezession und negativer
Lohnentwicklung trotzen. Ein Blick auf die langfristige Datenreihe des
Statistischen Bundesamtes spricht da jedoch eine gänzlich andere Sprache.

Quelle: Querschuesse

Die real gemessenen Einzelhandelsumsätze (inkl. Versandhandel und Internet)
sind heute sogar niedriger als zu Beginn der Messreihe im Jahre 1994. Die
Konsumausgaben steigen nicht, sie stagnieren noch nicht einmal, sondern gehen
sogar im Trend zurück. Noch aussagekräftiger ist die lange Reihe der Bundesbank,
die bis zum Jahr 1994 zurückreicht.

Wie man hier deutlich erkennen kann, sind die Einzelhandelsumsätze
inflationsbereinigt bis zum Jahr 1990 steil gestiegen. Seitdem stagnieren sie
mit einem leicht abnehmenden Trend. Es ist natürlich kein Zufall, dass die
Konsumausgaben exakt seit dem Zeitpunkt stagnieren, ab dem es keine
Reallohnsteigerungen mehr gab. Mit welchem Geld sollen die Menschen auch den
Konsum steigern? Ohne Reallohnsteigerungen werden auch auf absehbare Zeit die
Konsumausgaben nicht steigen. Man muss kein Wirtschaftsprofessor sein, um diesen
simplen Zusammenhang zu begreifen.

Wenn nun der GfK-Konsumklimaindex – selbst wohlwollend betrachtet – nicht
mehr als nichtssagende Kaffeesatzleserei ist, stellt sich natürlich die Frage,
warum er Monat für Monat als Grundlage für Artikel genommen wird, deren
inhaltlicher Wert gegen Null tendiert? Hat es sich noch mit bis in die
Redaktionen herumgesprochen, dass das Konsumwundermärchen der GfK jeglicher
Datengrundlage entbehrt? Oder dient der Index lediglich als Vorlage, um einmal
mehr das geliebte Märchen zu erzählen, wie gut es uns doch gehe, wie wunderbar
wir regiert werden und wie tapfer wir der Krise trotzen? Wenn man einmal einen
Moment davon ausgeht, dass die Redaktionen nicht nur mit Denkabstinenzlern
besetzt sind, muss man wohl davon ausgehen, dass der Konsumklimaindex wider
besseren Wissens zu Propagandazwecken instrumentalisiert wird.

Für die GfK ist dies natürlich ein wunderbares Geschäft. Die GfK-Gruppe ist
eine Aktiengesellschaft, die mit mehr als 12.000 Mitarbeitern einen Umsatz von
1,5 Mrd. Euro und einen Jahresgewinn von fast 200 Millionen Euro erwirtschaftet.
Größter Einzelaktionär der GfK ist die Fondsgesellschaft Fidelity Investment,
die nach einer Studie
der ETH Zürich das dritteinflussreichste Unternehmen der Welt ist. Auftraggeber
des GfK-Konsumklimaindex ist übrigens die EU-Kommission. Die Zahlen der GfK sind
Grundlage der deutschen Komponente zur Messung des EU-Verbrauchervertrauens.
Muss man sich da noch wundern, dass die EU-Kommission den Wald vor lauter Bäumen
nicht sieht?




---> eine "marktkonforme" Anpassung der Schule...eine Art "Modernisierung" der Legitimation zunehmender sozialer Ungleichheit

 
 
 

Marktbereitung im Bildungssystem

 
[via Nachdenkseiten]
 
 

In wenigen Tagen trifft sich die
BildungsGEWerkschaft zu ihrem
Gewerkschaftstag. Diskussionen
um die bildungspolitischen Leitlinien für die nächsten Jahre stehen auf der
Tagesordnung. So unter anderem eine Debatte über die Kommunalisierung von
Bildung im Allgemeinen und über so genannte „Kommunale Bildungslandschaften“ im
Besonderen. In einem der
vorliegenden Anträge [PDF - 93.4 KB] zu diesem Thema wird – demokratietheoretisch begründet – die Aufhebung
der Trennung in innere und äußere Schulangelegenheiten gefordert. Demokratie
wird hier vor allem als
Dezentralisierung verstanden.

Worin allerdings – zumal in Zeiten immer
knapper werdender öffentlicher Mittel – das “Demokratisierungspotential“ eines
„kommunalisierten“ Bildungssystem genau liegen soll, verbleibt nebulös.

Ist Demokratie etwa einfach nur
„Mitbestimmung“ – und zwar gerade da, wo es qualitativ kaum irgendetwas
„mitzubestimmen“ gibt? Oder handelt es sich nicht vielmehr, so die These dieses
Beitrags, um eine „marktkonforme“ Anpassung der Schule, in der demokratische
Mitbestimmung am Ende kaum mehr Platz finden wird und eine Art „Modernisierung“
der Legitimation zunehmender sozialer Ungleichheit (vgl.:
Der Bürgerhaushalt – Zwischen Partizipation und
Ruhigstellung
)?

Von Jens
Wernicke.


Die Debatte um eine
wie auch immer geartete „Kommunalisierung“ von Bildung und Bildungsverantwortung
wird seit Längerem geführt. So forderte zum Beispiel bereits 2004 die
Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (AGJ)[i], dass
„Städte und Gemeinden die Zuständigkeiten und Ressourcen zur Gestaltung einer
kommunalen Bildungslandschaft übertragen bekommen“ sollen.

Damit zielte die Debatte in ihrer Historie bereits sehr früh auf eine
Dezentralisierung von Bildungsverantwortung und Ressourcen sowie möglicherweise
sogar der Inhalten ab.

Ein SPD-Beschluss aus 2006 macht diese (ursprüngliche) Intention exemplarisch
deutlich:

„Wenn sich das Modell bewährt, sollen bis 2018 alle allgemein
bildenden Schulen in die vollständige Trägerschaft der Gemeinden, Städte und
Kreise übergehen
; auch bei berufsbildenden und Förderschulen sollen
die Schulträger die Möglichkeit erhalten, sie vollständig zu übernehmen.“

(SPD Niedersachsen: Zukunft der Bildung. Beschluss des Landesvorstandes vom
3. Februar 2006[ii])

Größere öffentliche Aufmerksamkeit fand das Thema dann jedoch erst 2007 durch
eine „Weinheimer Initiative“[iii] der Freudenberg Stiftung, welche das
Thema „Kommunalisierung“ unter dem Schlagwort „Lokale
Verantwortungsgemeinschaften“ zusammenfasste. In dieser Initiative heißt es
unter anderem:

  • „Das Engagement der lokalen Wirtschaft dient
    zugleich der Sicherung und dem Ausbau der eigenen zukünftigen qualifizierten
    Mitarbeiterschaft. Diese Investition in die eigene Zukunft bildet die wirksame
    Basis für lokale und regionale Kooperation.“
  • „Kommunale Koordinierung kann ohne das Engagement von
    Organisationen und Initiativen der Bürgergesellschaft
    und
    einzelner Bürgerinnen und Bürger nur schwer die volle Integrationswirkung
    entfalten […].“
  • „[Lokale Verantwortungsgemeinschaften] […] verdeutlichen den Jugendlichen
    aber auch, dass die örtliche Verantwortungsgemeinschaft Bereitschaft und
    Engagement der Jugendlichen selbst erwarten kann. Die
    Verantwortungsgemeinschaft schließt in diesem Sinne die Jugendlichen mit ein;
    es entstehen vom Grundsatz her gegenseitige Vereinbarungen mit
    Rechten und Pflichten
    auf allen Seiten.“
  • „Eine eigenständige kommunale Ausbildungspolitik
    ist unerlässlich. Die Kommune sollte die Verantwortung für die Koordinierung
    aller Maßnahmen vor Ort übernehmen.“

Es folgte noch ein Papier des „Deutschen Vereins für öffentliche und private
Fürsorge e.V.“ (Deutsche Vereine)[iv] sowie
eine weitere Stellungnahme des Deutschen Städtetags[v]. Beide
Verlautbarungen sorgten dafür, dass eine breite öffentliche Debatte ausgelöst
wurde, die bis heute anhält.

Der „Deutsche Verein“, ein Zusammenschluss der öffentlichen und freien Träger
sozialer Arbeit, formuliert unter anderem:

  • „Eine Kommunale Bildungslandschaft entsteht, wenn alle am Prozess der
    Bildung, Erziehung und Betreuung beteiligten Akteure ihre Angebote miteinander
    verschränken und zu einem konsistenten Gesamtsystem zusammenführen: Familie,
    Kindertageseinrichtung, Kinder- und Jugendhilfe, Schule,
    Wirtschaft und Betriebe etc.“
  • „Um diesen Prozess voranzutreiben und zu steuern bedarf es einer
    Weiterentwicklung der Kooperationskultur mit verbindlichen
    Kontrakten der beteiligten Organisationen unter öffentlicher
    Verantwortung
  • „Ein umfassendes Bildungsmonitoring als
    integriertes Berichtswesen von Bildungsverläufen vor Ort sind
    Grundvoraussetzung für eine Integration von Schulentwicklungs- und
    Jugendhilfeplanung und ein Qualitätssicherungsinstrument Kommunaler
    Bildungslandschaften.“
  • „Der Deutsche Verein hat mit seinem gemeinsam mit der Deutschen Bank
    Stiftung durchgeführten bundesweiten Praxisforschungsprojekts „Coole Schule:
    Lust statt Frust am Lernen“ (2002-2005) bereits deutlich gemacht, dass es zur
    Zusammenarbeit vor allem der Bereiche Jugendhilfe, Schule und
    Wirtschaft im Bildungsbereich keine Alternative
    gibt.“
  • „Der Deutsche Verein spricht sich daher nachdrücklich dafür aus, dass
    alle Bildungsakteure, von der Familie über die Schule, Jugendhilfe
    bis zu Betrieben aufeinander bezogen arbeiten
    “
  • „Wenn Kommunale Bildungslandschaften das bürgerschaftliche Engagement
    fördern wollen, muss interessierten Personen und Gruppen die
    Möglichkeit der Betätigung gegeben werden
  • „Dies unterstreicht die Notwendigkeit, Bildung zukünftig als eine im
    öffentlichen Interesse liegende Aufgabe zu sehen, in der alle kommunalen
    Akteure, vom bürgerschaftlichen Engagement bis hin zu Unternehmen,
    Stiftungen, Einzelpersönlichkeiten und anderen Organisationen und
    Bündnissen
    (z.B. Das Bündnis für Familien) einbezogen und
    mobilisiert werden.“
  • „Zur Sicherstellung bzw. Erhöhung der Effektivität von Kommunalen
    Bildungslandschaften ist eine kontinuierliche
    Evaluation
    erforderlich.“
  • „Ferner geht mit der Einbeziehung von nonformalen Angeboten, Orten und
    Modalitäten der Bildung in das Gesamtkonzept auch die verstärkte
    Einbeziehung ehrenamtlich Tätiger
    einher.“
  • „Gleichwohl ist dieses Engagement weiterhin durch den Dualismus der
    Zuständigkeiten geprägt. Diese, nach den Schulgesetzen der Länder zwischen
    Land und Kommunen existente, Trennung in innere und äußere
    Schulangelegenheiten führt in der Praxis immer wieder zu erheblichen
    Problemen, die einer gelingenden Kooperation entgegenlaufen können. Den
    Kommunen wird durch diese Trennung der konsequente Aufbau eines
    bildungspolitischen Gesamtkonzeptes erschwert, weil sie – bezogen auf die
    Schule – in der Regel bislang nur Schulträger sind und grundsätzlich keine
    Einflussmöglichkeiten auf die konkrete Gestaltung und die Qualität der
    Bildungsprozesse in der Schule und den Umgang mit den in erster Linie
    personellen Ressourcen haben. […] Neben einer erweiterten Selbstständigkeit
    der Schule bedarf es zukünftig daher letztlich einer stärkeren kommunalen
    Verantwortung für Schule insgesamt. Erst wenn die Kommunen durch erweitere
    Zuständigkeiten tatsächlich auch über inhaltliche und personelle
    Gestaltungsmöglichkeiten verfügen
    , werden sie in die Lage
    versetzt, die systemimmanenten wie die weiteren örtlichen Ressourcen im
    Interesse der jungen Menschen und im Sinne ihres bildungspolitischen
    Gesamtkonzeptes miteinander verbinden zu können“

Gefordert wird unter dem Namen „Kommunale Bildungslandschaften“ also von
Anbeginn an unter anderem:

  • die Öffnung des Bildungssystems für wirtschaftliche
    Interessen
    , ja, die kontraktgemäße Anbindung der
    Bildungsinstitutionen an die Interessen der lokalen Wirtschaft;
  • eine Deprofessionalisierung im Bildungsbereich;
  • die Ausweitung prekärer
    Beschäftigungsverhältnisse
    ;
  • den Kommunen die Verantwortung über alle
    Schulressourcen
    (einschließlich der Lehrerarbeitsverhältnisse)
    sowie über Bildungsinhalte zu überantworten.

Auch in einem Folgepapier herrschte derselbe Tenor. Der Deutscher Städtetag,
größter kommunaler Spitzenverband in Deutschland, formuliert:

  • „Die in den Ländern eingeleiteten Reformen in Schule und Bildung gehen in
    die richtige Richtung. Bundesweite Bildungsstandards, Lernstandserhebungen und
    zentrale Prüfungen sichern Vergleichbarkeit und Qualität,
    ermöglichen Wettbewerb und die notwendige
    Mobilität.“
  • „Die Verantwortung der Städte in der Bildung
    muss deshalb gestärkt werden.“
  • „Als Grundlage für regionale Steuerung und Qualitätssicherung sollte ein
    umfassendes Bildungsmonitoring als integriertes
    Berichtswesen von Bildungsverläufen vor Ort gemeinsam von Kommunen und Ländern
    entwickelt werden.“
  • „Die Länder werden aufgefordert, kommunale Steuerungsmöglichkeiten
    insbesondere im Schulbereich zu erweitern und die Zuständigkeiten
    im Bereich der inneren und äußeren Schulangelegenheiten zugunsten der Kommunen
    neu zu ordnen

Auch hier das gleiche Strickmuster: „Kommunale Bildungslandschaft“ bedeutet
die Überwindung der Trennung in äußere und innere Schulangelegenheiten;
gefordert wird somit eine Übertragung der Zuständigkeiten für Ressourcen
(einschließlich der Lehrerarbeitsverhältnisse) und Bildungsinhalte an die
Kommunen.
Allein schon wegen der sehr unterschiedlichen Finanzlage
der Kommunen dürfte dies zu einem massiven Auseinanderdriften von
Bildungsqualität, Bildungsinhalten, Löhnen und Arbeitsbedingungen in den
einzelnen Kommunen führen.

Was das konkret bedeuten würde,
verdeutlicht exemplarisch ein Forderungspapier, das wenig später vom Hessischen
Landkreistages[vi] veröffentlicht wurde. In diesem heißt es:

  • „Technische Vorgaben für die Ausstattung von Schulgebäuden in Deutschland
    müssen auf den Prüfstand gestellt werden. Wer sich im europäischen Ausland
    umschaut, wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich Deutschland
    maximale Ausstattungsstandards leistet, bei
    inhaltlichen Leistungsvergleichen, wie der PISA-Studie aber schlecht
    abschneidet. In Deutschland muss möglich sein, was in vielen europäischen
    Ländern Realität ist: Schuleinrichtungen müssen zwar sicher sein, Kindern und
    Jugendlichen kann jedoch das allgemeine
    Lebensrisiko
    , das sie auch außerhalb der Schule betrifft, nicht
    abgenommen werden.“

In einem neueren Papier des Deutschen Vereins[vii] wird
noch deutlicher. Dort heißt es unter anderem:

  • „Gerade hier dürften funktionierende Kommunale Bildungslandschaften [...]
    Synergieeffekte auch für die finanziellen Ressourcen
    freisetzen.“
  • „Gerade in dünner besiedelten Regionen scheitern Gewerbeansiedlungen mit
    einem spezifischen Arbeitskräftebedarf häufig daran,
    dass die notwendigen Arbeitskräfte weder bereits vor Ort sind, noch mit
    vernünftigem Aufwand „angelockt“ werden können. Hier zahlen sich Bemühungen um
    eine Gestaltung und Weiterentwicklung der kommunalen Bildungsinfrastruktur
    durch die jeweilige Kommune spätestens mittelfristig im Wettbewerb mit anderen
    Standorten aus.“
  • „Kommunales Bildungsmonitoring muss sich kontinuierlich […] über
    Ergebnisse und Erträge von Bildungsprozessen stützen
    können
    . [...] Die zentrale Herausforderung der nächsten Jahre
    wird darin liegen, die konkreten Bildungserträge
    eines verbindlich und partizipativ strukturierten kommunalen
    Bildungsmanagements empirisch erfassbar zu
    gestalten“
  • „Denkbar wäre auch die Einrichtung eines kommunalen
    Bildungsfonds
    oder Bildungsbudgets. In einen solchen Fonds
    könnten [...] sowohl öffentliche Fördermittel als auch Eigenmittel
    der weiteren beteiligten Akteure, Spenden, Zuwendungen von Stiftungen und
    andere Mittel
    einfließen.“

Es fehlt eigentlich nur noch die Forderung, die Trägerschaft aller
beteiligten Bildungseinrichtungen an derlei „Fonds“ oder „Stiftungen“, die sie
ja nun auch (mit-) finanzieren, zu übertragen. Diese Forderung wird in manchen
Kreisen durchaus schon ausgesprochen.

Es kann daher grundsätzlich festgehalten werden: Wer sich positiv auf
„Kommunale Bildungslandschaften“ bezieht, verleiht damit einem Konzept
Legitimation, das von Anfang an in jedem Falle gegen die beruflichen Standards
und damit gegen die Interessen der im Bildungssystem Beschäftigten ausgerichtet
war – und es in aller Regel auch heute noch ist: Der materielle Kern der so
genannten Bildungslandschaften ist ferner nicht, wie oft behauptet wird, eine
„Verbesserung der Lernbedingungen für die Schülerinnen und Schüler“ etc. pp.,
sondern die Diversifizierung
(„Kommunalisierung“) von Schule und Lebenswelt
, die mittelfristig auf eine
Deregulierung der schulischen Bildung selbst, aber auch auf eine Lockerung von
Sicherheits- und Arbeitsstandards sowie auf eine Aufsplitterung von
Beschäftigungsverhältnissen und somit auf Deprofessionalisierung und
Prekarisierung abzielt. Langfristig scheint auch dieses Konzept für die
Möglichkeit einer weitgehenden Entstaatlichung und funktionalen Privatisierung
von Schule zumindest anschlussfähig zu sein.

In Bayern, wo mehrere Großstädte seit Längerem bereits berufliche Schulen in
eigener Trägerschaft halten, schließt sich dieser Kreis bereits: Nachdem der
Verband der Berufsschullehrer aufgrund der Finanznot der Kommunen schon vor fast
einem Jahrzehnt titelte „Kommunale Schulen vor dem Kollaps?“, ist die
Entwicklung heute bereits einen Schritt weiter.

Der lokalen Presse war hier vor einiger Zeit beispielsweise zu entnehmen:
„Der Landkreis [Aschaffenburg] steigt in Gespräche mit der gemeinnützigen
Caritas Schulen GmbH ein, die sich für eine Übernahme der Trägerschaft der
Aschaffenburger Fachakademie für Sozialpädagogik interessiert“. Und weiter:
„Nicht möglich sei [...] eine Verstaatlichung [...] [derselben]. Dann hätten
rund 300 weitere [kommunale] Schulen in Bayern ebenfalls das Anrecht darauf, und
das sei ‚für den Freistaat [...] nicht tragbar‘. Obwohl [...] [derselbe] auch
bei Privatschulen das Geld aus seiner Kasse zuschießt, sieht [...] [das
Bayerische Kultusministerium hier] einen klaren Unterschied: [...] Finanziell
sei eine Differenz etwa bei den Verwaltungskosten gegeben.” Das heißt: Die
kommunalen Schulen werden aufgrund der Lage der öffentlichen Kassen bereits
heute privatisiert. Für die öffentliche Hand erscheint das logisch wie effizient
zugleich.
Das Label “Kommunale Bildungslandschaften” eignet sich daher in
keiner Weise als Bezugspunkt für die Entwicklung gewerkschaftlicher Programmatik
und Politik.
Zugleich erfordern jedoch die Tatsachen, dass die Kommunen
zunehmend zum Ort bildungspolitischer Aktivitäten und Gestaltung werden und dass
Kommunale Spitzenverbände auf Landes- und Bundesebene eigenständige und teils
eigenwillige Positionen in der Bildungspolitik beziehen vor dem Hintergrund der
oben genannten widersprüchlichen Entwicklungen, dass die Gewerkschaften sich dem
Arbeitsfeld der “kommunalen Bildungspolitik” verstärkt zuwenden.
„Bildung ist
Menschenrecht!“, sollte dabei die Devise lauten. „Um die Menschen zu
selbstständigem Urteilen und Handeln in einem politischen Gemeinwesen zu
befähigen, ist eine verallgemeinerte Bildung – über die Grenzen der einzelnen
Disziplinen hinweg – unabdingbar. Jedoch beruht demokratische Bildung
auch auf materiellen Voraussetzungen: Nur Formen des Lehrens und Lernens, die
frei von ökonomischen Imperativen sind, ermöglichen autonomes Denken und das
Gestalten einer demokratischen Gesellschaft“
, wie es in einer
Streitschrift zur Gründung eines
Instituts für demokratische Bildung
so treffend heißt. Dies muss stets
mitbedacht werden, wenn wieder einmal – wie zuletzt in Bezug auf die „Autonome
Hochschule“, die „Selbstständige Schule“ oder den „Bürgerhaushalt“ – Demokratie
bemüht wird, um systemkonforme Modernisierungen zu legitimieren, die, so wage
ich zu behaupten, eher das Gegenteil des Behaupteten forcieren: eine „marktkonforme Demokratie“
nämlich, die gewisse Dinge immer mehr und mehr wirklicher Mitsprache und
-bestimmung entzieht.

Weiterlesen: Auf
dem Weg zur kommunalen Schule Offene und verdeckte Privatisierung im
Bildungssystem – Jens Wernicke [PDF - 2.7 MB]


[«i]
Bildungsklick
– Förderung der kommunalisierung der Schule

[«ii]
Zukunft
der Bildung – Sozialdemokratische Perspektiven zur Bildungspolitik in
Niedersachsen [PDF - 327 KB]

[«iii]
2007: Lokale
Verantwortung für Bildung und Ausbildung. Arbeitsgemeinschaft „Weinheimer
Initiative“ [PDF - 119 KB]

[«iv]
2007: Diskussionspapier
des Deutschen Vereins zum Aufbau Kommunaler Bildungslandschaften [PDF - 98.3
KB]

[«v]
2007: Aachener
Erklärung des Deutschen Städtetages anlässlich des Kongresses „Bildung in der
Stadt“ am 22./23. November 2007 [PDF - 20.6 KB]

[«vi]
2008: Strategiepapier
des Hessischen Landkreistages zur Fortentwicklung des Schulwesens in Hessen für
die 17. Wahlperiode des Hessischen Landtages (2008 – 2013) [PDF - 48.3
KB]

[«vii]
2009: Empfehlungen
des Deutschen Vereins zur Weiterentwicklung Kommunaler Bildungslandschaften [PDF
- 72.5 KB]
.

Anmerkung WL: Es ist positiv zu bewerten, wenn darüber
nachgedacht wird, die Bildung in der Schule etwa mit Angeboten der Jugendhilfe
zu verbinden. Auch Kindertagesstätten und Grundschule sollten als Teil der
Primarerziehung besser kooperieren. Aber selbst wenn die Kommunen finanziell in
der Lage wären, Schulbildung besser zu finanzieren, dann bestünde die Gefahr,
dass im Rahmen ihrer jeweiligen Budgets ganz unterschiedliche Prioritäten
gesetzt würden. Welchen Stellenwert hätte dann die nur langfristig wirkende
schulische Bildung gegenüber dem ständig aktuellen Druck wirtschaftlicher
Förderung? Wie sähe es dann mit einer weiteren Zersplitterung der ohnehin immer
unübersichtlicheren schulischen Bildung aus? Wo bliebe der Verfassungsgrundsatz
„gleichwertiger Lebensverhältnisse“? Wie sähe es mit der gleichen Bezahlung der
Lehrkräfte aus? Würden sich nicht nur – wie schon heute die Länder untereinander
– die reichen Kommunen den ärmeren die Lehrkräfte gegenseitig
abwerben?

Kommunale Demokratie ist wichtig, aber schon heute,
regieren in vielen Kommunen die Sparkommissare. Ohne eine grundlegende Änderung
der Finanzverteilung führte eine „Kommunalisierung“ der Schule nur zu noch mehr
privaten Schulen und zu weiterer Entdemokratisierung.

Interessant
wäre ein Blick in unser Nachbarland, die Schweiz.

In dieser
Diskussion sollte man nicht übersehen, dass das Engagement der Bundesregierung
für den Aufbau „kommunaler Bildungslandschaften“ vor allem aus einer
Umgehungsstrategie der fehlenden Zuständigkeit des Bundes in der Bildungs- und
Schulpolitik resultiert. Der Bund erhoffte sich durch das Engagement auf
kommunaler Ebene, die Zuständigkeit der Länder für die Schulpolitik umgehen zu
können. Ohne eine Kooperation von Bund, Ländern und Kommunen wird Schulpolitik
zur Kirchturmpolitik – und das in einem offenen Europa!




---> eine "marktkonforme" Anpassung der Schule...eine Art "Modernisierung" der Legitimation zunehmender sozialer Ungleichheit

 
 
 

Marktbereitung im Bildungssystem

 
[via Nachdenkseiten]
 
 

In wenigen Tagen trifft sich die
BildungsGEWerkschaft zu ihrem
Gewerkschaftstag. Diskussionen
um die bildungspolitischen Leitlinien für die nächsten Jahre stehen auf der
Tagesordnung. So unter anderem eine Debatte über die Kommunalisierung von
Bildung im Allgemeinen und über so genannte „Kommunale Bildungslandschaften“ im
Besonderen. In einem der
vorliegenden Anträge [PDF - 93.4 KB] zu diesem Thema wird – demokratietheoretisch begründet – die Aufhebung
der Trennung in innere und äußere Schulangelegenheiten gefordert. Demokratie
wird hier vor allem als
Dezentralisierung verstanden.

Worin allerdings – zumal in Zeiten immer
knapper werdender öffentlicher Mittel – das “Demokratisierungspotential“ eines
„kommunalisierten“ Bildungssystem genau liegen soll, verbleibt nebulös.

Ist Demokratie etwa einfach nur
„Mitbestimmung“ – und zwar gerade da, wo es qualitativ kaum irgendetwas
„mitzubestimmen“ gibt? Oder handelt es sich nicht vielmehr, so die These dieses
Beitrags, um eine „marktkonforme“ Anpassung der Schule, in der demokratische
Mitbestimmung am Ende kaum mehr Platz finden wird und eine Art „Modernisierung“
der Legitimation zunehmender sozialer Ungleichheit (vgl.:
Der Bürgerhaushalt – Zwischen Partizipation und
Ruhigstellung
)?

Von Jens
Wernicke.


Die Debatte um eine
wie auch immer geartete „Kommunalisierung“ von Bildung und Bildungsverantwortung
wird seit Längerem geführt. So forderte zum Beispiel bereits 2004 die
Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (AGJ)[i], dass
„Städte und Gemeinden die Zuständigkeiten und Ressourcen zur Gestaltung einer
kommunalen Bildungslandschaft übertragen bekommen“ sollen.

Damit zielte die Debatte in ihrer Historie bereits sehr früh auf eine
Dezentralisierung von Bildungsverantwortung und Ressourcen sowie möglicherweise
sogar der Inhalten ab.

Ein SPD-Beschluss aus 2006 macht diese (ursprüngliche) Intention exemplarisch
deutlich:

„Wenn sich das Modell bewährt, sollen bis 2018 alle allgemein
bildenden Schulen in die vollständige Trägerschaft der Gemeinden, Städte und
Kreise übergehen
; auch bei berufsbildenden und Förderschulen sollen
die Schulträger die Möglichkeit erhalten, sie vollständig zu übernehmen.“

(SPD Niedersachsen: Zukunft der Bildung. Beschluss des Landesvorstandes vom
3. Februar 2006[ii])

Größere öffentliche Aufmerksamkeit fand das Thema dann jedoch erst 2007 durch
eine „Weinheimer Initiative“[iii] der Freudenberg Stiftung, welche das
Thema „Kommunalisierung“ unter dem Schlagwort „Lokale
Verantwortungsgemeinschaften“ zusammenfasste. In dieser Initiative heißt es
unter anderem:

  • „Das Engagement der lokalen Wirtschaft dient
    zugleich der Sicherung und dem Ausbau der eigenen zukünftigen qualifizierten
    Mitarbeiterschaft. Diese Investition in die eigene Zukunft bildet die wirksame
    Basis für lokale und regionale Kooperation.“
  • „Kommunale Koordinierung kann ohne das Engagement von
    Organisationen und Initiativen der Bürgergesellschaft
    und
    einzelner Bürgerinnen und Bürger nur schwer die volle Integrationswirkung
    entfalten […].“
  • „[Lokale Verantwortungsgemeinschaften] […] verdeutlichen den Jugendlichen
    aber auch, dass die örtliche Verantwortungsgemeinschaft Bereitschaft und
    Engagement der Jugendlichen selbst erwarten kann. Die
    Verantwortungsgemeinschaft schließt in diesem Sinne die Jugendlichen mit ein;
    es entstehen vom Grundsatz her gegenseitige Vereinbarungen mit
    Rechten und Pflichten
    auf allen Seiten.“
  • „Eine eigenständige kommunale Ausbildungspolitik
    ist unerlässlich. Die Kommune sollte die Verantwortung für die Koordinierung
    aller Maßnahmen vor Ort übernehmen.“

Es folgte noch ein Papier des „Deutschen Vereins für öffentliche und private
Fürsorge e.V.“ (Deutsche Vereine)[iv] sowie
eine weitere Stellungnahme des Deutschen Städtetags[v]. Beide
Verlautbarungen sorgten dafür, dass eine breite öffentliche Debatte ausgelöst
wurde, die bis heute anhält.

Der „Deutsche Verein“, ein Zusammenschluss der öffentlichen und freien Träger
sozialer Arbeit, formuliert unter anderem:

  • „Eine Kommunale Bildungslandschaft entsteht, wenn alle am Prozess der
    Bildung, Erziehung und Betreuung beteiligten Akteure ihre Angebote miteinander
    verschränken und zu einem konsistenten Gesamtsystem zusammenführen: Familie,
    Kindertageseinrichtung, Kinder- und Jugendhilfe, Schule,
    Wirtschaft und Betriebe etc.“
  • „Um diesen Prozess voranzutreiben und zu steuern bedarf es einer
    Weiterentwicklung der Kooperationskultur mit verbindlichen
    Kontrakten der beteiligten Organisationen unter öffentlicher
    Verantwortung
  • „Ein umfassendes Bildungsmonitoring als
    integriertes Berichtswesen von Bildungsverläufen vor Ort sind
    Grundvoraussetzung für eine Integration von Schulentwicklungs- und
    Jugendhilfeplanung und ein Qualitätssicherungsinstrument Kommunaler
    Bildungslandschaften.“
  • „Der Deutsche Verein hat mit seinem gemeinsam mit der Deutschen Bank
    Stiftung durchgeführten bundesweiten Praxisforschungsprojekts „Coole Schule:
    Lust statt Frust am Lernen“ (2002-2005) bereits deutlich gemacht, dass es zur
    Zusammenarbeit vor allem der Bereiche Jugendhilfe, Schule und
    Wirtschaft im Bildungsbereich keine Alternative
    gibt.“
  • „Der Deutsche Verein spricht sich daher nachdrücklich dafür aus, dass
    alle Bildungsakteure, von der Familie über die Schule, Jugendhilfe
    bis zu Betrieben aufeinander bezogen arbeiten
    “
  • „Wenn Kommunale Bildungslandschaften das bürgerschaftliche Engagement
    fördern wollen, muss interessierten Personen und Gruppen die
    Möglichkeit der Betätigung gegeben werden
  • „Dies unterstreicht die Notwendigkeit, Bildung zukünftig als eine im
    öffentlichen Interesse liegende Aufgabe zu sehen, in der alle kommunalen
    Akteure, vom bürgerschaftlichen Engagement bis hin zu Unternehmen,
    Stiftungen, Einzelpersönlichkeiten und anderen Organisationen und
    Bündnissen
    (z.B. Das Bündnis für Familien) einbezogen und
    mobilisiert werden.“
  • „Zur Sicherstellung bzw. Erhöhung der Effektivität von Kommunalen
    Bildungslandschaften ist eine kontinuierliche
    Evaluation
    erforderlich.“
  • „Ferner geht mit der Einbeziehung von nonformalen Angeboten, Orten und
    Modalitäten der Bildung in das Gesamtkonzept auch die verstärkte
    Einbeziehung ehrenamtlich Tätiger
    einher.“
  • „Gleichwohl ist dieses Engagement weiterhin durch den Dualismus der
    Zuständigkeiten geprägt. Diese, nach den Schulgesetzen der Länder zwischen
    Land und Kommunen existente, Trennung in innere und äußere
    Schulangelegenheiten führt in der Praxis immer wieder zu erheblichen
    Problemen, die einer gelingenden Kooperation entgegenlaufen können. Den
    Kommunen wird durch diese Trennung der konsequente Aufbau eines
    bildungspolitischen Gesamtkonzeptes erschwert, weil sie – bezogen auf die
    Schule – in der Regel bislang nur Schulträger sind und grundsätzlich keine
    Einflussmöglichkeiten auf die konkrete Gestaltung und die Qualität der
    Bildungsprozesse in der Schule und den Umgang mit den in erster Linie
    personellen Ressourcen haben. […] Neben einer erweiterten Selbstständigkeit
    der Schule bedarf es zukünftig daher letztlich einer stärkeren kommunalen
    Verantwortung für Schule insgesamt. Erst wenn die Kommunen durch erweitere
    Zuständigkeiten tatsächlich auch über inhaltliche und personelle
    Gestaltungsmöglichkeiten verfügen
    , werden sie in die Lage
    versetzt, die systemimmanenten wie die weiteren örtlichen Ressourcen im
    Interesse der jungen Menschen und im Sinne ihres bildungspolitischen
    Gesamtkonzeptes miteinander verbinden zu können“

Gefordert wird unter dem Namen „Kommunale Bildungslandschaften“ also von
Anbeginn an unter anderem:

  • die Öffnung des Bildungssystems für wirtschaftliche
    Interessen
    , ja, die kontraktgemäße Anbindung der
    Bildungsinstitutionen an die Interessen der lokalen Wirtschaft;
  • eine Deprofessionalisierung im Bildungsbereich;
  • die Ausweitung prekärer
    Beschäftigungsverhältnisse
    ;
  • den Kommunen die Verantwortung über alle
    Schulressourcen
    (einschließlich der Lehrerarbeitsverhältnisse)
    sowie über Bildungsinhalte zu überantworten.

Auch in einem Folgepapier herrschte derselbe Tenor. Der Deutscher Städtetag,
größter kommunaler Spitzenverband in Deutschland, formuliert:

  • „Die in den Ländern eingeleiteten Reformen in Schule und Bildung gehen in
    die richtige Richtung. Bundesweite Bildungsstandards, Lernstandserhebungen und
    zentrale Prüfungen sichern Vergleichbarkeit und Qualität,
    ermöglichen Wettbewerb und die notwendige
    Mobilität.“
  • „Die Verantwortung der Städte in der Bildung
    muss deshalb gestärkt werden.“
  • „Als Grundlage für regionale Steuerung und Qualitätssicherung sollte ein
    umfassendes Bildungsmonitoring als integriertes
    Berichtswesen von Bildungsverläufen vor Ort gemeinsam von Kommunen und Ländern
    entwickelt werden.“
  • „Die Länder werden aufgefordert, kommunale Steuerungsmöglichkeiten
    insbesondere im Schulbereich zu erweitern und die Zuständigkeiten
    im Bereich der inneren und äußeren Schulangelegenheiten zugunsten der Kommunen
    neu zu ordnen

Auch hier das gleiche Strickmuster: „Kommunale Bildungslandschaft“ bedeutet
die Überwindung der Trennung in äußere und innere Schulangelegenheiten;
gefordert wird somit eine Übertragung der Zuständigkeiten für Ressourcen
(einschließlich der Lehrerarbeitsverhältnisse) und Bildungsinhalte an die
Kommunen.
Allein schon wegen der sehr unterschiedlichen Finanzlage
der Kommunen dürfte dies zu einem massiven Auseinanderdriften von
Bildungsqualität, Bildungsinhalten, Löhnen und Arbeitsbedingungen in den
einzelnen Kommunen führen.

Was das konkret bedeuten würde,
verdeutlicht exemplarisch ein Forderungspapier, das wenig später vom Hessischen
Landkreistages[vi] veröffentlicht wurde. In diesem heißt es:

  • „Technische Vorgaben für die Ausstattung von Schulgebäuden in Deutschland
    müssen auf den Prüfstand gestellt werden. Wer sich im europäischen Ausland
    umschaut, wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich Deutschland
    maximale Ausstattungsstandards leistet, bei
    inhaltlichen Leistungsvergleichen, wie der PISA-Studie aber schlecht
    abschneidet. In Deutschland muss möglich sein, was in vielen europäischen
    Ländern Realität ist: Schuleinrichtungen müssen zwar sicher sein, Kindern und
    Jugendlichen kann jedoch das allgemeine
    Lebensrisiko
    , das sie auch außerhalb der Schule betrifft, nicht
    abgenommen werden.“

In einem neueren Papier des Deutschen Vereins[vii] wird
noch deutlicher. Dort heißt es unter anderem:

  • „Gerade hier dürften funktionierende Kommunale Bildungslandschaften [...]
    Synergieeffekte auch für die finanziellen Ressourcen
    freisetzen.“
  • „Gerade in dünner besiedelten Regionen scheitern Gewerbeansiedlungen mit
    einem spezifischen Arbeitskräftebedarf häufig daran,
    dass die notwendigen Arbeitskräfte weder bereits vor Ort sind, noch mit
    vernünftigem Aufwand „angelockt“ werden können. Hier zahlen sich Bemühungen um
    eine Gestaltung und Weiterentwicklung der kommunalen Bildungsinfrastruktur
    durch die jeweilige Kommune spätestens mittelfristig im Wettbewerb mit anderen
    Standorten aus.“
  • „Kommunales Bildungsmonitoring muss sich kontinuierlich […] über
    Ergebnisse und Erträge von Bildungsprozessen stützen
    können
    . [...] Die zentrale Herausforderung der nächsten Jahre
    wird darin liegen, die konkreten Bildungserträge
    eines verbindlich und partizipativ strukturierten kommunalen
    Bildungsmanagements empirisch erfassbar zu
    gestalten“
  • „Denkbar wäre auch die Einrichtung eines kommunalen
    Bildungsfonds
    oder Bildungsbudgets. In einen solchen Fonds
    könnten [...] sowohl öffentliche Fördermittel als auch Eigenmittel
    der weiteren beteiligten Akteure, Spenden, Zuwendungen von Stiftungen und
    andere Mittel
    einfließen.“

Es fehlt eigentlich nur noch die Forderung, die Trägerschaft aller
beteiligten Bildungseinrichtungen an derlei „Fonds“ oder „Stiftungen“, die sie
ja nun auch (mit-) finanzieren, zu übertragen. Diese Forderung wird in manchen
Kreisen durchaus schon ausgesprochen.

Es kann daher grundsätzlich festgehalten werden: Wer sich positiv auf
„Kommunale Bildungslandschaften“ bezieht, verleiht damit einem Konzept
Legitimation, das von Anfang an in jedem Falle gegen die beruflichen Standards
und damit gegen die Interessen der im Bildungssystem Beschäftigten ausgerichtet
war – und es in aller Regel auch heute noch ist: Der materielle Kern der so
genannten Bildungslandschaften ist ferner nicht, wie oft behauptet wird, eine
„Verbesserung der Lernbedingungen für die Schülerinnen und Schüler“ etc. pp.,
sondern die Diversifizierung
(„Kommunalisierung“) von Schule und Lebenswelt
, die mittelfristig auf eine
Deregulierung der schulischen Bildung selbst, aber auch auf eine Lockerung von
Sicherheits- und Arbeitsstandards sowie auf eine Aufsplitterung von
Beschäftigungsverhältnissen und somit auf Deprofessionalisierung und
Prekarisierung abzielt. Langfristig scheint auch dieses Konzept für die
Möglichkeit einer weitgehenden Entstaatlichung und funktionalen Privatisierung
von Schule zumindest anschlussfähig zu sein.

In Bayern, wo mehrere Großstädte seit Längerem bereits berufliche Schulen in
eigener Trägerschaft halten, schließt sich dieser Kreis bereits: Nachdem der
Verband der Berufsschullehrer aufgrund der Finanznot der Kommunen schon vor fast
einem Jahrzehnt titelte „Kommunale Schulen vor dem Kollaps?“, ist die
Entwicklung heute bereits einen Schritt weiter.

Der lokalen Presse war hier vor einiger Zeit beispielsweise zu entnehmen:
„Der Landkreis [Aschaffenburg] steigt in Gespräche mit der gemeinnützigen
Caritas Schulen GmbH ein, die sich für eine Übernahme der Trägerschaft der
Aschaffenburger Fachakademie für Sozialpädagogik interessiert“. Und weiter:
„Nicht möglich sei [...] eine Verstaatlichung [...] [derselben]. Dann hätten
rund 300 weitere [kommunale] Schulen in Bayern ebenfalls das Anrecht darauf, und
das sei ‚für den Freistaat [...] nicht tragbar‘. Obwohl [...] [derselbe] auch
bei Privatschulen das Geld aus seiner Kasse zuschießt, sieht [...] [das
Bayerische Kultusministerium hier] einen klaren Unterschied: [...] Finanziell
sei eine Differenz etwa bei den Verwaltungskosten gegeben.” Das heißt: Die
kommunalen Schulen werden aufgrund der Lage der öffentlichen Kassen bereits
heute privatisiert. Für die öffentliche Hand erscheint das logisch wie effizient
zugleich.
Das Label “Kommunale Bildungslandschaften” eignet sich daher in
keiner Weise als Bezugspunkt für die Entwicklung gewerkschaftlicher Programmatik
und Politik.
Zugleich erfordern jedoch die Tatsachen, dass die Kommunen
zunehmend zum Ort bildungspolitischer Aktivitäten und Gestaltung werden und dass
Kommunale Spitzenverbände auf Landes- und Bundesebene eigenständige und teils
eigenwillige Positionen in der Bildungspolitik beziehen vor dem Hintergrund der
oben genannten widersprüchlichen Entwicklungen, dass die Gewerkschaften sich dem
Arbeitsfeld der “kommunalen Bildungspolitik” verstärkt zuwenden.
„Bildung ist
Menschenrecht!“, sollte dabei die Devise lauten. „Um die Menschen zu
selbstständigem Urteilen und Handeln in einem politischen Gemeinwesen zu
befähigen, ist eine verallgemeinerte Bildung – über die Grenzen der einzelnen
Disziplinen hinweg – unabdingbar. Jedoch beruht demokratische Bildung
auch auf materiellen Voraussetzungen: Nur Formen des Lehrens und Lernens, die
frei von ökonomischen Imperativen sind, ermöglichen autonomes Denken und das
Gestalten einer demokratischen Gesellschaft“
, wie es in einer
Streitschrift zur Gründung eines
Instituts für demokratische Bildung
so treffend heißt. Dies muss stets
mitbedacht werden, wenn wieder einmal – wie zuletzt in Bezug auf die „Autonome
Hochschule“, die „Selbstständige Schule“ oder den „Bürgerhaushalt“ – Demokratie
bemüht wird, um systemkonforme Modernisierungen zu legitimieren, die, so wage
ich zu behaupten, eher das Gegenteil des Behaupteten forcieren: eine „marktkonforme Demokratie“
nämlich, die gewisse Dinge immer mehr und mehr wirklicher Mitsprache und
-bestimmung entzieht.

Weiterlesen: Auf
dem Weg zur kommunalen Schule Offene und verdeckte Privatisierung im
Bildungssystem – Jens Wernicke [PDF - 2.7 MB]


[«i]
Bildungsklick
– Förderung der kommunalisierung der Schule

[«ii]
Zukunft
der Bildung – Sozialdemokratische Perspektiven zur Bildungspolitik in
Niedersachsen [PDF - 327 KB]

[«iii]
2007: Lokale
Verantwortung für Bildung und Ausbildung. Arbeitsgemeinschaft „Weinheimer
Initiative“ [PDF - 119 KB]

[«iv]
2007: Diskussionspapier
des Deutschen Vereins zum Aufbau Kommunaler Bildungslandschaften [PDF - 98.3
KB]

[«v]
2007: Aachener
Erklärung des Deutschen Städtetages anlässlich des Kongresses „Bildung in der
Stadt“ am 22./23. November 2007 [PDF - 20.6 KB]

[«vi]
2008: Strategiepapier
des Hessischen Landkreistages zur Fortentwicklung des Schulwesens in Hessen für
die 17. Wahlperiode des Hessischen Landtages (2008 – 2013) [PDF - 48.3
KB]

[«vii]
2009: Empfehlungen
des Deutschen Vereins zur Weiterentwicklung Kommunaler Bildungslandschaften [PDF
- 72.5 KB]
.

Anmerkung WL: Es ist positiv zu bewerten, wenn darüber
nachgedacht wird, die Bildung in der Schule etwa mit Angeboten der Jugendhilfe
zu verbinden. Auch Kindertagesstätten und Grundschule sollten als Teil der
Primarerziehung besser kooperieren. Aber selbst wenn die Kommunen finanziell in
der Lage wären, Schulbildung besser zu finanzieren, dann bestünde die Gefahr,
dass im Rahmen ihrer jeweiligen Budgets ganz unterschiedliche Prioritäten
gesetzt würden. Welchen Stellenwert hätte dann die nur langfristig wirkende
schulische Bildung gegenüber dem ständig aktuellen Druck wirtschaftlicher
Förderung? Wie sähe es dann mit einer weiteren Zersplitterung der ohnehin immer
unübersichtlicheren schulischen Bildung aus? Wo bliebe der Verfassungsgrundsatz
„gleichwertiger Lebensverhältnisse“? Wie sähe es mit der gleichen Bezahlung der
Lehrkräfte aus? Würden sich nicht nur – wie schon heute die Länder untereinander
– die reichen Kommunen den ärmeren die Lehrkräfte gegenseitig
abwerben?

Kommunale Demokratie ist wichtig, aber schon heute,
regieren in vielen Kommunen die Sparkommissare. Ohne eine grundlegende Änderung
der Finanzverteilung führte eine „Kommunalisierung“ der Schule nur zu noch mehr
privaten Schulen und zu weiterer Entdemokratisierung.

Interessant
wäre ein Blick in unser Nachbarland, die Schweiz.

In dieser
Diskussion sollte man nicht übersehen, dass das Engagement der Bundesregierung
für den Aufbau „kommunaler Bildungslandschaften“ vor allem aus einer
Umgehungsstrategie der fehlenden Zuständigkeit des Bundes in der Bildungs- und
Schulpolitik resultiert. Der Bund erhoffte sich durch das Engagement auf
kommunaler Ebene, die Zuständigkeit der Länder für die Schulpolitik umgehen zu
können. Ohne eine Kooperation von Bund, Ländern und Kommunen wird Schulpolitik
zur Kirchturmpolitik – und das in einem offenen Europa!




---> eine "marktkonforme" Anpassung der Schule...eine Art "Modernisierung" der Legitimation zunehmender sozialer Ungleichheit

 
 
 

Marktbereitung im Bildungssystem

 
[via Nachdenkseiten]
 
 

In wenigen Tagen trifft sich die
BildungsGEWerkschaft zu ihrem
Gewerkschaftstag. Diskussionen
um die bildungspolitischen Leitlinien für die nächsten Jahre stehen auf der
Tagesordnung. So unter anderem eine Debatte über die Kommunalisierung von
Bildung im Allgemeinen und über so genannte „Kommunale Bildungslandschaften“ im
Besonderen. In einem der
vorliegenden Anträge [PDF - 93.4 KB] zu diesem Thema wird – demokratietheoretisch begründet – die Aufhebung
der Trennung in innere und äußere Schulangelegenheiten gefordert. Demokratie
wird hier vor allem als
Dezentralisierung verstanden.

Worin allerdings – zumal in Zeiten immer
knapper werdender öffentlicher Mittel – das “Demokratisierungspotential“ eines
„kommunalisierten“ Bildungssystem genau liegen soll, verbleibt nebulös.

Ist Demokratie etwa einfach nur
„Mitbestimmung“ – und zwar gerade da, wo es qualitativ kaum irgendetwas
„mitzubestimmen“ gibt? Oder handelt es sich nicht vielmehr, so die These dieses
Beitrags, um eine „marktkonforme“ Anpassung der Schule, in der demokratische
Mitbestimmung am Ende kaum mehr Platz finden wird und eine Art „Modernisierung“
der Legitimation zunehmender sozialer Ungleichheit (vgl.:
Der Bürgerhaushalt – Zwischen Partizipation und
Ruhigstellung
)?

Von Jens
Wernicke.


Die Debatte um eine
wie auch immer geartete „Kommunalisierung“ von Bildung und Bildungsverantwortung
wird seit Längerem geführt. So forderte zum Beispiel bereits 2004 die
Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (AGJ)[i], dass
„Städte und Gemeinden die Zuständigkeiten und Ressourcen zur Gestaltung einer
kommunalen Bildungslandschaft übertragen bekommen“ sollen.

Damit zielte die Debatte in ihrer Historie bereits sehr früh auf eine
Dezentralisierung von Bildungsverantwortung und Ressourcen sowie möglicherweise
sogar der Inhalten ab.

Ein SPD-Beschluss aus 2006 macht diese (ursprüngliche) Intention exemplarisch
deutlich:

„Wenn sich das Modell bewährt, sollen bis 2018 alle allgemein
bildenden Schulen in die vollständige Trägerschaft der Gemeinden, Städte und
Kreise übergehen
; auch bei berufsbildenden und Förderschulen sollen
die Schulträger die Möglichkeit erhalten, sie vollständig zu übernehmen.“

(SPD Niedersachsen: Zukunft der Bildung. Beschluss des Landesvorstandes vom
3. Februar 2006[ii])

Größere öffentliche Aufmerksamkeit fand das Thema dann jedoch erst 2007 durch
eine „Weinheimer Initiative“[iii] der Freudenberg Stiftung, welche das
Thema „Kommunalisierung“ unter dem Schlagwort „Lokale
Verantwortungsgemeinschaften“ zusammenfasste. In dieser Initiative heißt es
unter anderem:

  • „Das Engagement der lokalen Wirtschaft dient
    zugleich der Sicherung und dem Ausbau der eigenen zukünftigen qualifizierten
    Mitarbeiterschaft. Diese Investition in die eigene Zukunft bildet die wirksame
    Basis für lokale und regionale Kooperation.“
  • „Kommunale Koordinierung kann ohne das Engagement von
    Organisationen und Initiativen der Bürgergesellschaft
    und
    einzelner Bürgerinnen und Bürger nur schwer die volle Integrationswirkung
    entfalten […].“
  • „[Lokale Verantwortungsgemeinschaften] […] verdeutlichen den Jugendlichen
    aber auch, dass die örtliche Verantwortungsgemeinschaft Bereitschaft und
    Engagement der Jugendlichen selbst erwarten kann. Die
    Verantwortungsgemeinschaft schließt in diesem Sinne die Jugendlichen mit ein;
    es entstehen vom Grundsatz her gegenseitige Vereinbarungen mit
    Rechten und Pflichten
    auf allen Seiten.“
  • „Eine eigenständige kommunale Ausbildungspolitik
    ist unerlässlich. Die Kommune sollte die Verantwortung für die Koordinierung
    aller Maßnahmen vor Ort übernehmen.“

Es folgte noch ein Papier des „Deutschen Vereins für öffentliche und private
Fürsorge e.V.“ (Deutsche Vereine)[iv] sowie
eine weitere Stellungnahme des Deutschen Städtetags[v]. Beide
Verlautbarungen sorgten dafür, dass eine breite öffentliche Debatte ausgelöst
wurde, die bis heute anhält.

Der „Deutsche Verein“, ein Zusammenschluss der öffentlichen und freien Träger
sozialer Arbeit, formuliert unter anderem:

  • „Eine Kommunale Bildungslandschaft entsteht, wenn alle am Prozess der
    Bildung, Erziehung und Betreuung beteiligten Akteure ihre Angebote miteinander
    verschränken und zu einem konsistenten Gesamtsystem zusammenführen: Familie,
    Kindertageseinrichtung, Kinder- und Jugendhilfe, Schule,
    Wirtschaft und Betriebe etc.“
  • „Um diesen Prozess voranzutreiben und zu steuern bedarf es einer
    Weiterentwicklung der Kooperationskultur mit verbindlichen
    Kontrakten der beteiligten Organisationen unter öffentlicher
    Verantwortung
  • „Ein umfassendes Bildungsmonitoring als
    integriertes Berichtswesen von Bildungsverläufen vor Ort sind
    Grundvoraussetzung für eine Integration von Schulentwicklungs- und
    Jugendhilfeplanung und ein Qualitätssicherungsinstrument Kommunaler
    Bildungslandschaften.“
  • „Der Deutsche Verein hat mit seinem gemeinsam mit der Deutschen Bank
    Stiftung durchgeführten bundesweiten Praxisforschungsprojekts „Coole Schule:
    Lust statt Frust am Lernen“ (2002-2005) bereits deutlich gemacht, dass es zur
    Zusammenarbeit vor allem der Bereiche Jugendhilfe, Schule und
    Wirtschaft im Bildungsbereich keine Alternative
    gibt.“
  • „Der Deutsche Verein spricht sich daher nachdrücklich dafür aus, dass
    alle Bildungsakteure, von der Familie über die Schule, Jugendhilfe
    bis zu Betrieben aufeinander bezogen arbeiten
    “
  • „Wenn Kommunale Bildungslandschaften das bürgerschaftliche Engagement
    fördern wollen, muss interessierten Personen und Gruppen die
    Möglichkeit der Betätigung gegeben werden
  • „Dies unterstreicht die Notwendigkeit, Bildung zukünftig als eine im
    öffentlichen Interesse liegende Aufgabe zu sehen, in der alle kommunalen
    Akteure, vom bürgerschaftlichen Engagement bis hin zu Unternehmen,
    Stiftungen, Einzelpersönlichkeiten und anderen Organisationen und
    Bündnissen
    (z.B. Das Bündnis für Familien) einbezogen und
    mobilisiert werden.“
  • „Zur Sicherstellung bzw. Erhöhung der Effektivität von Kommunalen
    Bildungslandschaften ist eine kontinuierliche
    Evaluation
    erforderlich.“
  • „Ferner geht mit der Einbeziehung von nonformalen Angeboten, Orten und
    Modalitäten der Bildung in das Gesamtkonzept auch die verstärkte
    Einbeziehung ehrenamtlich Tätiger
    einher.“
  • „Gleichwohl ist dieses Engagement weiterhin durch den Dualismus der
    Zuständigkeiten geprägt. Diese, nach den Schulgesetzen der Länder zwischen
    Land und Kommunen existente, Trennung in innere und äußere
    Schulangelegenheiten führt in der Praxis immer wieder zu erheblichen
    Problemen, die einer gelingenden Kooperation entgegenlaufen können. Den
    Kommunen wird durch diese Trennung der konsequente Aufbau eines
    bildungspolitischen Gesamtkonzeptes erschwert, weil sie – bezogen auf die
    Schule – in der Regel bislang nur Schulträger sind und grundsätzlich keine
    Einflussmöglichkeiten auf die konkrete Gestaltung und die Qualität der
    Bildungsprozesse in der Schule und den Umgang mit den in erster Linie
    personellen Ressourcen haben. […] Neben einer erweiterten Selbstständigkeit
    der Schule bedarf es zukünftig daher letztlich einer stärkeren kommunalen
    Verantwortung für Schule insgesamt. Erst wenn die Kommunen durch erweitere
    Zuständigkeiten tatsächlich auch über inhaltliche und personelle
    Gestaltungsmöglichkeiten verfügen
    , werden sie in die Lage
    versetzt, die systemimmanenten wie die weiteren örtlichen Ressourcen im
    Interesse der jungen Menschen und im Sinne ihres bildungspolitischen
    Gesamtkonzeptes miteinander verbinden zu können“

Gefordert wird unter dem Namen „Kommunale Bildungslandschaften“ also von
Anbeginn an unter anderem:

  • die Öffnung des Bildungssystems für wirtschaftliche
    Interessen
    , ja, die kontraktgemäße Anbindung der
    Bildungsinstitutionen an die Interessen der lokalen Wirtschaft;
  • eine Deprofessionalisierung im
    Bildungsbereich
    ;
  • die Ausweitung prekärer
    Beschäftigungsverhältnisse
    ;
  • den Kommunen die Verantwortung über alle
    Schulressourcen
    (einschließlich der Lehrerarbeitsverhältnisse)
    sowie über Bildungsinhalte zu überantworten.

Auch in einem Folgepapier herrschte derselbe Tenor. Der Deutscher Städtetag,
größter kommunaler Spitzenverband in Deutschland, formuliert:

  • „Die in den Ländern eingeleiteten Reformen in Schule und Bildung gehen in
    die richtige Richtung. Bundesweite Bildungsstandards, Lernstandserhebungen und
    zentrale Prüfungen sichern Vergleichbarkeit und Qualität,
    ermöglichen Wettbewerb und die notwendige
    Mobilität.“
  • „Die Verantwortung der Städte in der Bildung
    muss deshalb gestärkt werden.“
  • „Als Grundlage für regionale Steuerung und Qualitätssicherung sollte ein
    umfassendes Bildungsmonitoring als integriertes
    Berichtswesen von Bildungsverläufen vor Ort gemeinsam von Kommunen und Ländern
    entwickelt werden.“
  • „Die Länder werden aufgefordert, kommunale Steuerungsmöglichkeiten
    insbesondere im Schulbereich zu erweitern und die Zuständigkeiten
    im Bereich der inneren und äußeren Schulangelegenheiten zugunsten der Kommunen
    neu zu ordnen

Auch hier das gleiche Strickmuster: „Kommunale Bildungslandschaft“ bedeutet
die Überwindung der Trennung in äußere und innere Schulangelegenheiten;
gefordert wird somit eine Übertragung der Zuständigkeiten für Ressourcen
(einschließlich der Lehrerarbeitsverhältnisse) und Bildungsinhalte an die
Kommunen.
Allein schon wegen der sehr unterschiedlichen Finanzlage
der Kommunen dürfte dies zu einem massiven Auseinanderdriften von
Bildungsqualität, Bildungsinhalten, Löhnen und Arbeitsbedingungen in den
einzelnen Kommunen führen.

Was das konkret bedeuten würde,
verdeutlicht exemplarisch ein Forderungspapier, das wenig später vom Hessischen
Landkreistages[vi] veröffentlicht wurde. In diesem heißt es:

  • „Technische Vorgaben für die Ausstattung von Schulgebäuden in Deutschland
    müssen auf den Prüfstand gestellt werden. Wer sich im europäischen Ausland
    umschaut, wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich Deutschland
    maximale Ausstattungsstandards leistet, bei
    inhaltlichen Leistungsvergleichen, wie der PISA-Studie aber schlecht
    abschneidet. In Deutschland muss möglich sein, was in vielen europäischen
    Ländern Realität ist: Schuleinrichtungen müssen zwar sicher sein, Kindern und
    Jugendlichen kann jedoch das allgemeine
    Lebensrisiko
    , das sie auch außerhalb der Schule betrifft, nicht
    abgenommen werden.“

In einem neueren Papier des Deutschen Vereins[vii] wird
noch deutlicher. Dort heißt es unter anderem:

  • „Gerade hier dürften funktionierende Kommunale Bildungslandschaften [...]
    Synergieeffekte auch für die finanziellen Ressourcen
    freisetzen.“
  • „Gerade in dünner besiedelten Regionen scheitern Gewerbeansiedlungen mit
    einem spezifischen Arbeitskräftebedarf häufig daran,
    dass die notwendigen Arbeitskräfte weder bereits vor Ort sind, noch mit
    vernünftigem Aufwand „angelockt“ werden können. Hier zahlen sich Bemühungen um
    eine Gestaltung und Weiterentwicklung der kommunalen Bildungsinfrastruktur
    durch die jeweilige Kommune spätestens mittelfristig im Wettbewerb mit anderen
    Standorten aus.“
  • „Kommunales Bildungsmonitoring muss sich kontinuierlich […] über
    Ergebnisse und Erträge von Bildungsprozessen stützen
    können
    . [...] Die zentrale Herausforderung der nächsten Jahre
    wird darin liegen, die konkreten Bildungserträge
    eines verbindlich und partizipativ strukturierten kommunalen
    Bildungsmanagements empirisch erfassbar zu
    gestalten“
  • „Denkbar wäre auch die Einrichtung eines kommunalen
    Bildungsfonds
    oder Bildungsbudgets. In einen solchen Fonds
    könnten [...] sowohl öffentliche Fördermittel als auch Eigenmittel
    der weiteren beteiligten Akteure, Spenden, Zuwendungen von Stiftungen und
    andere Mittel
    einfließen.“

Es fehlt eigentlich nur noch die Forderung, die Trägerschaft aller
beteiligten Bildungseinrichtungen an derlei „Fonds“ oder „Stiftungen“, die sie
ja nun auch (mit-) finanzieren, zu übertragen. Diese Forderung wird in manchen
Kreisen durchaus schon ausgesprochen.

Es kann daher grundsätzlich festgehalten werden: Wer sich positiv auf
„Kommunale Bildungslandschaften“ bezieht, verleiht damit einem Konzept
Legitimation, das von Anfang an in jedem Falle gegen die beruflichen Standards
und damit gegen die Interessen der im Bildungssystem Beschäftigten ausgerichtet
war – und es in aller Regel auch heute noch ist: Der materielle Kern der so
genannten Bildungslandschaften ist ferner nicht, wie oft behauptet wird, eine
„Verbesserung der Lernbedingungen für die Schülerinnen und Schüler“ etc. pp.,
sondern die Diversifizierung
(„Kommunalisierung“) von Schule und Lebenswelt
, die mittelfristig auf eine
Deregulierung der schulischen Bildung selbst, aber auch auf eine Lockerung von
Sicherheits- und Arbeitsstandards sowie auf eine Aufsplitterung von
Beschäftigungsverhältnissen und somit auf Deprofessionalisierung und
Prekarisierung abzielt. Langfristig scheint auch dieses Konzept für die
Möglichkeit einer weitgehenden Entstaatlichung und funktionalen Privatisierung
von Schule zumindest anschlussfähig zu sein.

In Bayern, wo mehrere Großstädte seit Längerem bereits berufliche Schulen in
eigener Trägerschaft halten, schließt sich dieser Kreis bereits: Nachdem der
Verband der Berufsschullehrer aufgrund der Finanznot der Kommunen schon vor fast
einem Jahrzehnt titelte „Kommunale Schulen vor dem Kollaps?“, ist die
Entwicklung heute bereits einen Schritt weiter.

Der lokalen Presse war hier vor einiger Zeit beispielsweise zu entnehmen:
„Der Landkreis [Aschaffenburg] steigt in Gespräche mit der gemeinnützigen
Caritas Schulen GmbH ein, die sich für eine Übernahme der Trägerschaft der
Aschaffenburger Fachakademie für Sozialpädagogik interessiert“. Und weiter:
„Nicht möglich sei [...] eine Verstaatlichung [...] [derselben]. Dann hätten
rund 300 weitere [kommunale] Schulen in Bayern ebenfalls das Anrecht darauf, und
das sei ‚für den Freistaat [...] nicht tragbar‘. Obwohl [...] [derselbe] auch
bei Privatschulen das Geld aus seiner Kasse zuschießt, sieht [...] [das
Bayerische Kultusministerium hier] einen klaren Unterschied: [...] Finanziell
sei eine Differenz etwa bei den Verwaltungskosten gegeben.” Das heißt: Die
kommunalen Schulen werden aufgrund der Lage der öffentlichen Kassen bereits
heute privatisiert. Für die öffentliche Hand erscheint das logisch wie effizient
zugleich.
Das Label “Kommunale Bildungslandschaften” eignet sich daher in
keiner Weise als Bezugspunkt für die Entwicklung gewerkschaftlicher Programmatik
und Politik.
Zugleich erfordern jedoch die Tatsachen, dass die Kommunen
zunehmend zum Ort bildungspolitischer Aktivitäten und Gestaltung werden und dass
Kommunale Spitzenverbände auf Landes- und Bundesebene eigenständige und teils
eigenwillige Positionen in der Bildungspolitik beziehen vor dem Hintergrund der
oben genannten widersprüchlichen Entwicklungen, dass die Gewerkschaften sich dem
Arbeitsfeld der “kommunalen Bildungspolitik” verstärkt zuwenden.
„Bildung ist
Menschenrecht!“, sollte dabei die Devise lauten. „Um die Menschen zu
selbstständigem Urteilen und Handeln in einem politischen Gemeinwesen zu
befähigen, ist eine verallgemeinerte Bildung – über die Grenzen der einzelnen
Disziplinen hinweg – unabdingbar. Jedoch beruht demokratische Bildung
auch auf materiellen Voraussetzungen: Nur Formen des Lehrens und Lernens, die
frei von ökonomischen Imperativen sind, ermöglichen autonomes Denken und das
Gestalten einer demokratischen Gesellschaft“
, wie es in einer
Streitschrift zur Gründung eines
Instituts für demokratische Bildung
so treffend heißt. Dies muss stets
mitbedacht werden, wenn wieder einmal – wie zuletzt in Bezug auf die „Autonome
Hochschule“, die „Selbstständige Schule“ oder den „Bürgerhaushalt“ – Demokratie
bemüht wird, um systemkonforme Modernisierungen zu legitimieren, die, so wage
ich zu behaupten, eher das Gegenteil des Behaupteten forcieren: eine „marktkonforme Demokratie“
nämlich, die gewisse Dinge immer mehr und mehr wirklicher Mitsprache und
-bestimmung entzieht.

Weiterlesen: Auf
dem Weg zur kommunalen Schule Offene und verdeckte Privatisierung im
Bildungssystem – Jens Wernicke [PDF - 2.7 MB]


[«i]
Bildungsklick
– Förderung der kommunalisierung der Schule

[«ii]
Zukunft
der Bildung – Sozialdemokratische Perspektiven zur Bildungspolitik in
Niedersachsen [PDF - 327 KB]

[«iii]
2007: Lokale
Verantwortung für Bildung und Ausbildung. Arbeitsgemeinschaft „Weinheimer
Initiative“ [PDF - 119 KB]

[«iv]
2007: Diskussionspapier
des Deutschen Vereins zum Aufbau Kommunaler Bildungslandschaften [PDF - 98.3
KB]

[«v]
2007: Aachener
Erklärung des Deutschen Städtetages anlässlich des Kongresses „Bildung in der
Stadt“ am 22./23. November 2007 [PDF - 20.6 KB]

[«vi]
2008: Strategiepapier
des Hessischen Landkreistages zur Fortentwicklung des Schulwesens in Hessen für
die 17. Wahlperiode des Hessischen Landtages (2008 – 2013) [PDF - 48.3
KB]

[«vii]
2009: Empfehlungen
des Deutschen Vereins zur Weiterentwicklung Kommunaler Bildungslandschaften [PDF
- 72.5 KB]
.

Anmerkung WL: Es ist positiv zu bewerten, wenn darüber
nachgedacht wird, die Bildung in der Schule etwa mit Angeboten der Jugendhilfe
zu verbinden. Auch Kindertagesstätten und Grundschule sollten als Teil der
Primarerziehung besser kooperieren. Aber selbst wenn die Kommunen finanziell in
der Lage wären, Schulbildung besser zu finanzieren, dann bestünde die Gefahr,
dass im Rahmen ihrer jeweiligen Budgets ganz unterschiedliche Prioritäten
gesetzt würden. Welchen Stellenwert hätte dann die nur langfristig wirkende
schulische Bildung gegenüber dem ständig aktuellen Druck wirtschaftlicher
Förderung? Wie sähe es dann mit einer weiteren Zersplitterung der ohnehin immer
unübersichtlicheren schulischen Bildung aus? Wo bliebe der Verfassungsgrundsatz
„gleichwertiger Lebensverhältnisse“? Wie sähe es mit der gleichen Bezahlung der
Lehrkräfte aus? Würden sich nicht nur – wie schon heute die Länder untereinander
– die reichen Kommunen den ärmeren die Lehrkräfte gegenseitig
abwerben?

Kommunale Demokratie ist wichtig, aber schon heute,
regieren in vielen Kommunen die Sparkommissare. Ohne eine grundlegende Änderung
der Finanzverteilung führte eine „Kommunalisierung“ der Schule nur zu noch mehr
privaten Schulen und zu weiterer Entdemokratisierung.

Interessant
wäre ein Blick in unser Nachbarland, die Schweiz.

In dieser
Diskussion sollte man nicht übersehen, dass das Engagement der Bundesregierung
für den Aufbau „kommunaler Bildungslandschaften“ vor allem aus einer
Umgehungsstrategie der fehlenden Zuständigkeit des Bundes in der Bildungs- und
Schulpolitik resultiert. Der Bund erhoffte sich durch das Engagement auf
kommunaler Ebene, die Zuständigkeit der Länder für die Schulpolitik umgehen zu
können. Ohne eine Kooperation von Bund, Ländern und Kommunen wird Schulpolitik
zur Kirchturmpolitik – und das in einem offenen Europa!




28
Mai
2013

warum eine Mehrheit für Rot-Grün mit hoher Wahrscheinlichkeit ein unrealistischer Traum bleibt [via Nachdenkseiten]

 


Deutschland ohne Alternative? – Selbst linke
„Sozis“ sehen sie nicht

 
[via Nachdenkseiten]
 
 
 
 
 
 

Diesen schon länger skizzierten Beitrag über die notwendige und leicht zu
formulierende Alternative zum neoliberal geprägten Kurs der Angela Merkel
veröffentliche ich unter dem Eindruck eines gestrigen Gesprächs mit einem
sozialdemokratischen Freund. Er ist eng verbunden gewesen mit Ottmar Schreiner
und alles andere als ein konservativer Seeheimer. Umso erstaunlicher seine
politische Perspektive. Weil diese weit verbreitet ist, nehme ich den Faden auf.
Es geht im Kern darum, dass man selbst in diesen Kreisen die
Möglichkeit einer rot-grün-roten Koalition nicht sehen und lieber eine große
Koalition eingehen will.
Es wäre nicht nur notwendig, sondern auch leicht,
eine andere, wirkliche Alternative zu formulieren. Von Albrecht
Müller


Im Folgenden begründe ich
zunächst, I. warum eine Mehrheit für Rot-Grün mit hoher Wahrscheinlichkeit ein
unrealistischer Traum bleibt. Dann beschreibe ich, II. dass man mit der
notwendigen grundsätzlichen Alternative zur neoliberal geprägten Politik von
Schwarz-Gelb nicht nur eine bessere Politik sondern auch bessere Chancen hätte.
Und dann folgen III. ein paar Anmerkungen zu den seltsamen
Koalitionsvorstellungen erstaunlich vieler Sozialdemokraten.

I. Der Traum von der Rot-Grünen-Mehrheit wird mit hoher
Wahrscheinlichkeit eine Illusion bleiben

Alles deutet darauf hin, dass die Bundestagswahl am 22. September dieses
Jahres mit einem Debakel für die SPD und für all jene endet, die von der
Einsicht ausgehen, Demokratie funktioniere nur, wenn die Regierenden mit der
Drohung der Ablösung rechnen müssen. Nur dann sind sie einigermaßen gezwungen,
sich um vernünftige Entscheidungen zu bemühen.

Auch wenn man wie ich dazu neigt, Umfragen nicht überzubewerten,
Anhaltspunkte bieten sie. Die folgende Übersicht über die Umfragen von sechs
Instituten aus den letzten Tagen zeigt Werte für die SPD zwischen 22 % (Forsa)
und 28% (Allensbach). Im Schnitt der letzten verfügbaren Umfragen liegt sie bei
25,6%. Nach meiner Erfahrung mit Wahlkämpfen und in Anbetracht der jetzigen
Konstellation mit abnehmender Tendenz.

Tabelle mit den aktuellen Ergebnissen der
Meinungsforschung:

Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre …

Institut Allens-
bach
Emnid Forsa Forsch’gr. Wahlen GMS Infratest dimap Bundes-
tagswahl
Für frühere bzw. nach Ost/West aufgeschlüsselte Daten
auf den Namen des jeweiligen Instituts klicken. Die Kennzeichnung als aktuelle Umfrage
bezieht sich auf den Eintrag in diese Übersicht, angegeben ist immer das
Datum der ersten Veröffentlichung.
Ver-
öffentl.
17.04.
2013
21.04.
2013
17.04.
2013
12.04.
2013
16.04.
2013
21.04.
2013
27.09.
2009
CDU/CSU 38,5 % 39 % 42 % 42 % 42 % 41 % 33,8 %
SPD 28,0 % 26 % 22 % 27 % 24 % 27 % 23,0 %
GRÜNE 15,0 % 14 % 15 % 14 % 13 % 14 % 10,7 %
FDP 5 % 5 % 5 % 4 % 6 % 4 % 14,6 %
DIE LINKE 7 % 8 % 8 % 6 % 8 % 7 % 11,9 %
PIRATEN 3 % 4 % 3 % - 2 % - 2,0 %
Sonstige 3,5 % 4 % 5 % 7 % 5 % 7 % 4,0 %

Quelle: wahlrecht.de

Berechnungen für Koalitionen (AM):

Institut Allens-
bach
Emnid Forsa Forsch’gr. Wahlen GMS Infratest dimap
CDU/CSU + FDP 43,5 % 44 % 47 % 46 % 48 % 45 %
Rot + Grün 43 % 40 % 37 % 41 % 37 % 41 %
Rot + Grün + Rot 50 % 48 % 45 % 47 % 45 % 48 %
Schwarz + Grün 53,5 % 53 % 57 % 56 % 55 % 55 %
Die Große Koalition 66,5 % 65 % 64 % 69 % 66 % 68 %

 

Die Tabelle der Umfrageergebnisse zeigt weiter:

  • Rot-Grün ist bei allen Instituten meilenweit von einer Mehrheit entfernt.
    Nur bei Allensbach kommt das Ergebnis für Rot-Grün (43 %) an das Ergebnis von
    Schwarz-Gelb (43,5 %) heran.
  • Für Schwarz-Gelb reicht es bei zwei Instituten zu einer Mehrheit auch
    gegenüber der Dreierkonstellation von Rot-Grün-Rot.
  • Für Rot-Grün-Rot würde es nach den Ergebnissen von vier Instituten zur
    Regierungsbildung reichen.
  • Schwarz-Grün hätte nach den jetzt vorliegenden Umfragen bei allen
    Instituten eine satte Mehrheit.
  • Die große Koalition sowieso.

Die sich damit abzeichnende Wahlniederlage der SPD hat verschiedene
Ursachen:

  • Die SPD hat mit Peer Steinbrück einen in vieler Hinsicht falschen
    Kandidaten nominiert.
    Er ist nicht telegen, er kommt nicht bei Frauen
    an. Seine wirtschaftspolitische Kompetenz ist anders als behauptet ziemlich
    niedrig. Er hat wenig Ahnung von Makroökonomie, er verbürgt eher die
    Ansammlung aller falschen Vorurteile zu diesem wichtigen Teil der
    Wirtschaftspolitik. Er ist mit der Finanzwirtschaft ähnlich verbandelt wie
    Angela Merkel und alles andere als unabhängig. Er ist in diesem Bereich
    unglaubwürdig, weil er die Öffnung des „Finanzplatzes Deutschland“ für
    Spekulanten verbal und tatsächlich betrieben hat. Steinbrück ist kein guter
    Wahlkämpfer. Das zeigen auch die vielen Fehler, die er in den wenigen Monaten
    seit seiner Nominierung schon gemacht hat.
  • Es gibt kein Wechselklima. Das liegt am Kandidaten, aber
    vor allem auch daran, dass die SPD keine grundsätzliche Alternative zur
    herrschenden Linie formuliert hat. Warum sollten die Menschen die Pferde
    wechseln, wenn die neuen Pferde den Karren in die gleiche Richtung ziehen?
    Dabei wäre es nicht nur zum Zweck des Wahlgewinns, sondern auch zum Wohle der
    Demokratie und Europas dringend notwendig, eine Alternative zu bieten.
  • Die SPD kann nicht sagen, wie sie die Macht und die Mehrheit für
    eine Kanzleralternative erreichen will.
    Selbst wenn es, anders als in
    zwei der zitierten Umfragen ermittelt, eine Mehrheit für Schwarz-Gelb nicht
    geben würde, von einer Mehrheit von Rot-Grün können nur Träumer träumen.
    Rot-Grün ist meilenweit von einer Mehrheit entfernt. Die Umfragen zeigen
    zugleich, dass SPD und die Grünen nur zusammen mit der Linkspartei eine
    Mehrheit hätten. Diese Machtoption hat die SPD-Führung bisher wegen innerer
    Verstocktheit oder aus Angst vor den Medien und einer neu aufgelegten
    Rote-Socken-Kampagne der Union abgelehnt oder verschwiegen, jedenfalls bezieht
    sie sich nicht darauf und kann damit weder ihren treuen Anhängern noch den
    potentiellen Wechselwählern und vor allem nicht den vielen und anwachsenden
    Nichtwählern sagen, wie sie die Macht erreichen will.
    Die wahrscheinlichste
    Macht-Konstellation nach dem 22. September ist deshalb aus heutiger Sicht eine
    Mehrheit von Schwarz-Gelb oder – auf Bundesebene neu – eine neue Mehrheit von
    Schwarz-Grün. Und dann gibt es noch die große Koalition als Option. Sie ist
    aus meiner Sicht unwahrscheinlich, weil es bei Schwarz und Grün im Hintergrund
    starke Bataillone gibt, die dieses Bündnis testen wollen.

Ohne Alternative zu sein ist angesichts der immer schlechter werdenden
politischen Entscheidungen misslich. Es drohen uns wirkliche Gefahren: die
weitere Spaltung unserer Gesellschaft, der weitere Ruin unseres Rufes bei
unseren Nachbarn, eine mutwillig der Erosion preisgegebene Währung und damit die
Beschädigung der europäischen Idee.

Daher müssen der jetzige Zustand und die herrschende Aussichtslosigkeit im
Blick auf den 22. September nicht nur die Sozialdemokratie bedrücken, sondern
alle, die an besseren politischen Entscheidungen interessiert sind.

II. Für die SPD ist eine grundsätzlich andere Linie die einzige
Chance, das Blatt überhaupt noch zu wenden.

In der Schlussphase der Regierungszeit vor einem Wahltermin legen in der
Regel die Regierungsparteien zu. Polemisch könnte ich anfügen, Ausnahmen
bestätigten die Regel: Die sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Steinbrück
und Eichel haben in der Schlussphase der Wahlkämpfe 2005 und 1999 ihre Ämter
verloren. Vor allem gewinnen Regierungsparteien dann, wenn die
Oppositionsparteien keine wirkliche Alternative bieten.
Wir Bürgerinnen und
Bürger brauchen aus sachlichen Gründen und die SPD braucht aus Wahlkampfgründen
eine wirkliche Alternative. Eine grundsätzlich andere Linie. Eine grundsätzlich
andere Idee von der Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft. Der Bedarf dafür
ist mit Händen zu greifen, nachdem die neoliberale Ideologie weltweit erkennbar
gescheitert ist. Die Chance zur grundsätzlichen Auseinandersetzung liegt
sozusagen auf der Straße:

Es ist an der Zeit, sich mit der neoliberalen Ideologie auseinander
zusetzen.
Es ist an der Zeit, eine andere Werteorientierung zu beschreiben
und zu empfehlen. Es ist an der Zeit, sich überhaupt wieder an Werten zu
orientieren. Diese Einsicht verbindet sozial und fortschrittlich denkende
Menschen mit Wertkonservativen.
Jeder ist seines Glückes Schmied. Der Markt
regelt alles. Entstaatlichung. De-Regulierung. Egoismus. – Mit diesen wertlosen
Werten, mit diesen unmenschlichen Grundregeln und Vorstellungen ist kein Staat
mehr zu machen.

Positiv formuliert hätte die neue Linie, die neue Weltanschauung, die neue
Vorstellung von der Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft folgende
Säulen:

  • Wettbewerb und Marktwirtschaft sind vernünftige Prinzipien zur
    Organisation der wirtschaftlichen Vorgänge. Aber es bedarf der
    gesellschaftlichen Rahmensetzungen. Es bedarf der Korrektur von Marktversagen.
    Es bedarf des sozialen Ausgleichs. Und es bedarf dringend der Aufmerksamkeit
    zum Schutz von Wettbewerb und gegen die grassierende Tendenz zur Machtballung
    auch in der Wirtschaft.
  • „Wohlstand für alle“ war eine in den fünfziger Jahren des letzten
    Jahrhunderts geläufige Parole. Sie war dem Titel eines Buches von Ludwig
    Erhard entliehen. Der Gedanke steht diametral zu der heutigen Praxis. Heute
    versuchen die Gut-verdienenden ihren Reichtum auf der Verarmung der
    Schlecht-verdienenden und der Arbeitslosen aufzubauen. Der Aufbau eines
    Niedriglohnsektors, dessen sich der frühere Bundeskanzler Schröder und sein
    Wirtschaftsminister Clement rühmten, hätte in den fünfziger und sechziger
    Jahren des letzten Jahrhunderts nicht nur den Protest der Sozialdemokraten,
    sondern auch Kopfschütteln bei einem weiten Kreis der Medien und sogar bei
    Unternehmern ausgelöst. Wie kann man nur auf die Idee kommen, den Wohlstand
    eines Landes auf den niedrigen Einkommen eines großen Teils der Gesellschaft
    aufzubauen?!
    Wenn diese Vorstellungen glaubwürdig sein sollten, dann müsste
    sich die SPD glaubwürdig von der Agenda 2010 verabschieden. Sie tut es zur
    Zeit oft halbherzig. Führende Sozialdemokraten beklagen wortreich, dass
    Familienväter und Mütter ihre Familien nicht mehr ernähren könnten, ohne zur
    Kernarbeit noch weitere Jobs anzunehmen. Sie verschweigen aber zugleich, dass
    Gerhard Schröder und seine Koalition den Niedriglohnsektor samt Leiharbeit und
    Minijobs wesentlich ausgebaut haben. So gewinnt man nicht die notwendige
    Glaubwürdigkeit.
  • Soziale Sicherheit ist nicht nur aus menschlichen Gründen ein gutes
    Prinzip der Absicherung gegen die Risiken des Altwerdens, des Krankwerdens,
    des Pflegebedürftigwerdens. Soziale Sicherheit ist die Basis von Produktivität
    und Kreativität. Das wissen auch vernünftige Unternehmer. Wer gesichert ist,
    wer keine wirtschaftlichen Sorgen hat, hat den Kopf frei.
  • Solidarität statt Egoismus wäre eine zeitgemäße Parole des neuen
    Aufbruchs.
  • Genauso wie die neue Verankerung des alten Versprechens von Willy Brandt:
    „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein.“ Der Ruf unseres Landes ist von
    Angela Merkel und Wolfgang Schäuble und den ihnen hörigen Medien massiv
    beschädigt worden. Welch ein großes Thema für eine intakte Sozialdemokratie!
  • Ein wichtiger Programmpunkt wäre der Kampf gegen die politische
    Korruption.
  • Und gegen Steueroasen und Steuerhinterziehung sowieso.
  • Dazu gehört die Rückkehr zu einer vernünftigen und sozialen Balance
    zwischen öffentlicher Tätigkeit und privater Tätigkeit. Die neoliberal
    eingefärbte Parole von der Entstaatlichung muss ersetzt werden durch die
    aufklärenden Feststellung: Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten.
    Alleine mit dieser Thematik könnte man eine große Dynamik entwickeln und die
    politische Auseinandersetzung regionalisieren. Denn es ginge dabei auch darum,
    den sozialen Wohnungsbau wieder hoffähig zu machen und auszubauen; es ginge
    darum, privatisierte Kliniken und Wasserwerke in öffentliche Verantwortung
    zurückzuholen; es ginge darum, den Einfluss privater Interessen auf Schulen
    und Bildung zu stoppen. Und selbstverständlich wäre es wichtig, dafür zu
    sorgen, öffentliche Leistungen effizient zu erstellen.

Ein roter Faden und eine Grundidee der grundsätzlich anderen Linie wäre, das
Gute im Menschen anklingen zu lassen und gesellschaftlich zu nutzen. Wir alle
haben zwei Seelen in unserer Brust. Wir schauen darauf, dass wir und unser Clan
versorgt sind und vorankommen. Aber wir sind alle, oder zumindest fast alle,
auch offen für andere Menschen und für das Gemeinwesen.

Wenn man sich die Geschichte unseres Volkes anschaut, dann wird man
beobachten können, dass die zweite Seele in unserer Brust verschüttet werden
kann. Wenn Egoismus die zentrale Ideologie einer Gesellschaft ist, wenn Kommerz
alles beherrscht, wenn den kleinen Kindern schon eingetrichtert wird, ja auf
ihren Vorteil zu achten und sich durchzusetzen, wenn Politiker nicht mehr den
Mut haben, die Menschen zu menschlichem und sozialem Verhalten zu animieren,
dann stirbt diese Seele ab.
Aber dann, wenn Meinungsführer in Politik und
Gesellschaft dazu ermuntern, auch an andere zu denken, dann öffnen sich
Menschen. So ist eben das Leben. Wie auch immer, wer die guten Seiten im
Menschen anspricht, hat als Politiker eine große Chance zu gewinnen, nicht nur
Sympathien, sondern auch Stimmen bei der Wahl.

III. Anmerkungen zu den seltsamen Koalitionsvorstellungen erstaunlich
vieler Sozialdemokraten – eine Ansammlung von Merkwürdigkeiten:

Das eingangs erwähnte Gespräch mit einem Sozialdemokraten vom eher
fortschrittlichen Flügel macht einfach nur staunen. Bei konservativen
Sozialdemokraten vom Schlage der Seeheimer ist man gewöhnt, dass sie
Verschiebungen nach Links ablehnen. Sie waren schon 1969 für die Fortsetzung der
großen Koalition und gegen die sozialliberale Koalition. Sie waren prinzipiell
gegen Rot-Grün und haben die Stigmatisierung der Grünen zu Beginn von deren
Existenz eifrig mitgemacht – übrigens ohne zu kapieren, dass die
Sozialdemokraten unter der Führung von Helmut Schmidt mit Nachrüstung,
Kernenergie und Polemik gegen die „ökologischen Spinner“ die eigentlichen
Geburtshelfer der Grünen waren. Sie haben nicht gemerkt, dass sie mit der
Stigmatisierung von Grün die Macht der Konservativen gefestigt haben, so wie sie
heute mit der Stigmatisierung der Linken wiederum den konservativen Parteien und
Medien in die Hände spielen.

Dass auch eher Linke in der SPD die politische Option zu einer Alternative zu
Angela Merkel und Rösler ablehnen und so nicht die Chance für eine eigene
Kanzlerschaft ergreifen, ist erstaunlich. Beim Versuch, dies zu erklären, stößt
man teils auf die Beobachtung, dass auch diese Kreise im Einflussbereich der
Medien und der konservativen Meinungsmacher sind, teils stößt man einfach auf
kindisches Denken und Gebaren. Die Etikettierung der Linkspartei als zerrissen,
nicht verlässlich, ideologisch usw. verfängt auch in diesen Kreisen. Ansonsten
macht man seine Ablehnung am angeblichen Verhalten von Oskar Lafontaine fest. Er
habe hingeschmissen, er sei untreu und generell sei die Zusammenarbeit mit einem
ehemaligen SPD-Vorsitzenden nicht zumutbar. Kindisch, zumal es um ihn gar nicht
geht.
Dass die Linkspartei über ein Potential von fachlich qualifizierten
Personen verfügt, dass sie in den Debatten um die Finanzkrise und
Militäreinsätze sich positiv von Sozialdemokraten und anderen abhoben, wird
vermutlich als Bedrohung gesehen. Man täte gut daran, dies als Bereicherung zu
begreifen.
Die Neigung, eine Koalition mit der Union positiv zu bewerten,
kann man nur verstehen, wenn man in Rechnung stellt, dass auch diese
Sozialdemokraten ein Opfer der allgemeinen Propaganda von der angeblichen
Sozialdemokratisierung der Union und speziell Angela Merkels geworden sind.
Schon die Nominierung und Wahl Joachim Gaucks zum Bundespräsidenten war ein
deutliches Zeichen, dass die Sozialdemokratie heute in entscheidenden, auch
personellen Fragen auf Medienkampagnen herein fällt und nur noch über wenig
eigene Denksubstanz verfügt.
Auch die Neigung mancher Sozialdemokraten, eher
mit der heutigen FDP zusammen zu gehen als mit der Linkspartei, spricht für
Abhängigkeit von Meinungsmache. Im konkreten Fall kommt noch hinzu, dass
Sozialdemokraten offensichtlich Angst vor den Märkten haben und schon deshalb
auf Anlehnung an wirtschaftsnahe Parteien zurückgreifen.

Allesamt keine schönen Aussichten. Es ginge auch anders und würde Spaß
machen.




Kapitalistische Ausbeutung + Unterdrückung der Werktätigen ist so selbstredend moralisch vom Standpunkt d. Kapitalistenklasse

 

 

Moralische Norm im Kapitalismus:
Ein Kapitalist schlägt viele andere tot


von Otto Finger -
Reinhold Schramm (Bereitstellung)

[via scharf-links.de]

http://scharf-links.de/49.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=26248&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=84cc491ede

 

Wissenschaftliches und Werturteil

In dieser Verurteilung der vorsozialistischen Gesellschaft als
unsittlich steckt mehr als bloß ein Element der sogenannten „moralisierenden“
Kritik des Kapitalismus. Zwischen Marxschem und Engelsschem Moralurteil
über die Zustände dieser Produktionsweise
einerseits und den
Moralappellen der utopischen Sozialisten zu ihrer Verbesserung andererseits
besteht ein gravierender Unterschied. Um ihn klar zu machen, ist die folgende
Frage zu stellen. Wird der Kapitalismus für schlecht befunden, weil er einem
Sittengesetz widerspricht (z. B. dem Gebot christlicher Nächstenliebe oder dem
Kantschen Imperativ, wonach jeder so handeln solle, dass die Maxime seines
Willens jederzeit als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung dienen könne), wird
also die Kritik aus der Ethik abgeleitet oder wird umgekehrt von der
materialistisch-dialektischen Analyse und klassenmäßigen Kritik zum moralischen
Urteil fortgeschritten
? Engels – und mit ihm schon in den
„Ökonomisch-philosophischen Manuskripten“ Marx und ebenso Lenin – beschreitet
offensichtlich den letzteren Weg. Es ist zunächst der
materialistisch-dialektische Weg von der Sache, in diesem Falle der
kapitalistischen Produktionsweise und ihrem objektiven Widerspruch zu ihrem
Prinzip, ihrem begrifflichen Ausdruck. Prinzip als bewusster Ausdruck eines
realen Vorgangs, als Ausdruck seines Wesens, seines Gesetzes, vereinigt beim
jungen Engels und auch fortan auf jeder Entwicklungsstufe der Revolutionstheorie
diese beiden Seiten: theoretischen Begriff und ethisches
Urteil
. Und es muss beide Seiten vereinigen, sofern es sich um eine
gleichermaßen wissenschaftliche und parteiliche Untersuchung der Sache handelt.
Sie ist durchdrungen von der Parteinahme für den einen, den
ausgebeuteten, vom Eigentum ausgeschlossenen, unterdrückten und verelendeten Pol
des Gegensatzes Kapital – Arbeit, eben das Proletariat.

Diese Untersuchung – auch schon in Engels’ „Umrissen“ –
leistet mehr als bloß ein Beschreiben dessen, was ist, so sehr sie von dem, was
ist, als Konkurrenz, als Rohheit, als Verelendung ist, ausgeht. Sie
verbindet das Urteil über das Sein, das Vorliegende, das Gegebene, den
praktischen kapitalistischen Zustand mit dem Urteil über das Sollen, über das,
was künftig sein soll, sein soll vom Standpunkt der Arbeiterklasse
. Und
sein muss, und sein wird aufgrund der objektiven Widersprüche
und ihrer Entwicklungstendenz im gegebenen Produktionssystem selbst.

Etwas klassenmäßig untersuchen und begreifen heißt so
stets, mit der Analyse das moralische Werturteil verbinden, Normen für das
notwendige Verhalten angeben, Aufforderungen an das Handeln richten, damit das,
was sein soll, bewusst und zielstrebig durch die Klasse erkämpft werde
.
Das wissenschaftliche, gesetzmäßige Beziehungen erfassende Begreifen eines
gesellschaftlichen Vorgangs schließt darum sein moralisches Werten nicht aus,
sondern ist eines seiner notwendigen Resultate. Mehr noch, es ist eine der
unerlässlichen Triebfedern für das tiefe, immer weiterbohrende Eindringen in den
objektiven Prozess.

Wer wollte bestreiten, dass solche moralische Haltung, die
totale, Hirn und Herz erfassende, von unbändiger Leidenschaft des Denkens und
Fühlens durchdrungene Verurteilung der bestehenden gesellschaftlichen Zustände
unerlässlich war für die genialen theoretischen Leistungen von Marx, Engels und
Lenin! Solches werden wir vom jungen Marx und frühen Engels sagen können: Die
moralische Verurteilung ging der wissenschaftlichen Analyse der Zustände voraus.
Einmal bei ihrem wissenschaftlichen Begriff angelangt, verschwand darum das
moralische Urteil nicht etwa in der Vorgeschichte der moralisierenden Irrtümer
über den Kapitalismus. Vielmehr konnte es nunmehr auf wissenschaftlicher Basis
neu begründet, neu formuliert werden und nun erst seine ganze ideologische
Kraft, seine mobilisierende Wirksamkeit entfalten. Freilich nicht als so etwas
wie ein neuer Sittenkodex an alten Sittentafeln orientiert, sondern als im
wissenschaftlichen Urteil eingeschlossenes Element, sich ausdrückend in seinem
Aufforderungscharakter. Eben solche Urteile bilden eine wesentliche Seite der
Revolutionstheorie.

Gerade dann, wenn eine wissenschaftliche Aussage gar nicht
anders als durch Parteinahme für eine Klasse gewonnen werden kann, birgt sie
zwangsläufig den wertenden und normierenden Gehalt in sich. Haben wir es also
bei Marx und Engels, seit sie sich auf den Positionen wissenschaftlicher Analyse
des Kapitalismus bewegen, mit dem Weg von der Sache zu ihrem wissenschaftlichen
und ethischen Prinzip hin zu tun, gilt für den Utopismus genau das Umgekehrte.
Hier wird vom ethischen Prinzip zur Wirklichkeit gegangen und genau damit, mit
solchem Idealismus die Wirklichkeit selbst gründlich verfehlt.
Selbst von der theoretisch gehaltsvollsten
Erscheinungsform utopisch-sozialistischen Denkens
, nämlich dem
„kritisch-utopischen Sozialismus und Kommunismus“ (der Owenisten, der
Fourieristen, der Anhänger Saint-Simons) musste das „Kommunistische
Manifest“ klarmachen
, dass es sich nur um eine phantastische
Erhebung über den wirklichen Klassenkampf handelt,
dass er in
phantastischer Weise als ein Übel bekämpft wird und dass dieser
Sozialismus zum Aufbau seiner „spanischen Schlösser“ – also seiner utopischen
Projekte zur sozialistischen Verbesserung der Welt – „... an die Philanthropie
der bürgerlichen Herzen und Geldsäcke appellieren“ muss
. [1/15]
Letztlich lebt auch hierin noch eine idealistische
gesellschaftsphilosophische Prämisse des bürgerlichen
Aufklärungsmaterialismus
fort: Durch Aufklärung, durch Vernunft, durch
neue Moral zur neuen Gesellschaft.

Ferner ist anlässlich des Engelsschen Wortes von der
„Unsittlichkeit des bisherigen Zustandes der Menschheit“ dies zu vermerken:
Selbstredend darf im Hinblick auf gesellschaftliche Zustände, gesellschaftliche
Handlungen, gesellschaftliche Einrichtungen moralisch geurteilt werden, kann von
ihnen gesagt werden, sie seien moralisch gut oder moralisch schlecht. Ein
idealistisches Fehlurteil ist dies dann, wenn es aus einer
theologisch-religiösen Satzung hergeleitet wird, von einem Gott als oberstem
moralischen Gesetzgeber gerechtfertigt erscheint. -

Die christlichen Kirchen haben es in ihren fast zwei
Jahrtausende währenden Anpassungs- und Wandlungsprozessen stets verstanden, die
moralische Autorität ihres katholischen oder protestantischen Gottes bald für
den feudalabsolutistischen Souverän, bald für die feudale Aristokratie, bald für
den Kapitalismus und diese oder jene Fraktion der Kapitalistenklasse anzurufen
und höchst irdisch und praktisch einzusetzen, nämlich zur Sanktionierung des
jeweils bestehenden Ausbeutungszustandes, des konkreten ökonomischen und
politischen Klasseninteresses der Ausbeuterklasse
.

Nicht Moral oder Amoral bilden dabei die Alternative, vielmehr
belegt dies, also beispielsweise die moralische Rechtfertigung des
kapitalistischen Privateigentums durch die katholische Kirche oder die Weihe des
US-amerikanischen Krieges gegen Korea durch amerikanische Bischöfe, oder auch
der Segen von Kardinälen für konterrevolutionäre Putschversuche, dies alles
belegt nur, wie sich in moralischen Wertungen Klasseninteressen aussprechen.

Kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung der
Werktätigen ist so selbstredend moralisch vom Standpunkt der Kapitalistenklasse;
das moralische Bejahen dessen drückt das objektiv bedingte Verhalten und Handeln
der Kapitalistenklasse ideologisch aus
. -

Die rigorose moralische Verurteilung desselben
Verhältnisses der Ausbeutung und Unterdrückung kann durchaus den
Klassenstandpunkt des Proletariats ideologisch ausdrücken
.

Ist damit ein relativistisches Gleichheitszeichen zwischen
bürgerlicher und proletarischer Moral gesetzt? In einer Beziehung ja: In
Beziehung auf das sich in gegensätzlichen Moralstandpunkten ausdrückende
gegensätzliche Klasseninteresse
. -

Konkrete Moral und Gegenmoral, moralisches Gutheißen
und Verwerfen ein und desselben Verhältnisses durch entgegengesetzte Klassen
drückt ein Gemeinsames, eben das objektiv entgegengesetzte
Klasseninteresse aus

Moralische Norm im Kapitalismus: Ein Kapitalist
schlägt viele andere tot.

»In einer anderen Beziehung gilt diese Gleichsetzung
keineswegs. Die Moral der einen Seite – von der anderen Seite des
gesellschaftlichen Widerspruchsverhältnisses als Amoral angeprangert –
die Moral auf der Seite der Sklavenhalter, der Feudalherren, der
Kapitalisten, ist die Moral stets einer ausbeutenden und unterdrückenden
Minderheit, Ausdruck nicht zuletzt ihres Herrschaftsanspruchs über die
werktätige Mehrheit des Volkes in allen Gesellschaftsepochen
. -

Dabei gehört es zu ihrer Funktionstüchtigkeit als
ideologisches Herrschaftsinstrument
– in ihren etwa in Gottes Namen
ausgesprochenen Geboten und Verboten bezüglich der Aufrechterhaltung und
Befestigung des jeweils bestehenden Gesellschaftssystems
– als
allgemeinverbindliches, alle Menschen, alles Verhalten umgreifendes
Normengefüge geglaubt und anerkannt zu werden. -

Die oberste, nicht nur politische und
juristische, sondern eben auch moralische Norm der kapitalistischen
Gesellschaft
, die Unantastbarkeit des privaten Eigentums an
Produktionsmitteln
– bald als „Grundrecht“ der „Freiheit der
Persönlichkeit“
, der „Unverletzlichkeit“ der „Würde des
einzelnen“
u. dgl. verkündet, welche Freiheit
stets als Grundrecht des privaten Eigentums
und welche Würde
stets als Unverletzlichkeit eben des Eigentums
sich herausstellt –,
muss in der bürgerlichen Gesellschaft als Norm für die werktätige Masse
der Nichteigentümer
durchgesetzt werden. -

Ihre Verletzung dagegen durch die Eigentümer – ein
Kapitalist schlägt viele andere tot, d. h. enteignet andere – ist vorausgesetzt
für die Durchsetzung einer Entwicklungstendenz dieser Gesellschaft selbst, der
Konzentration der Produktionsmittel
. [2/16]«

„Unsittlichkeit des bisherigen Zustandes der
Menschheit.“

»Nochmals also, worauf kann sich Engels’ Urteil gründen, die
bisherige Menschheitsgeschichte sei „unsittlich“? Sie verdient diese
Verurteilung einmal vom Standpunkt der werktätigen Volksmassen – aller Reichtum
der Antike, des Feudalzeitalters, des Kapitalismus ist ihr Werk, es ist
wesentlich die Geschichte ihrer Arbeitstaten, ihrer materiellen
Produktionstätigkeit, Basis aller Kultur. Gleichwohl ist es nicht ihr Reichtum,
hat sie an seinem Genuss gar nicht oder nur höchst beschränkt Anteil, genießt
nicht das werktätige Volk ihn, sondern die Minderheit der Ausbeuter.
Darüber hinaus gilt: In Krisensituationen eines Herrschaftssystems, in
revolutionären Situationen, da die herrschende Ausbeuterklasse stets, solang sie
dazu fähig ist, in der barbarischsten und brutalsten Weise gegen die
rebellierenden Volksmassen zurückschlägt, die Konterrevolution durchführt, unter
solchen Umständen verwandeln sich die von den arbeitenden Menschen geschaffenen
materiellen Güter in ebenso viele Waffen und Mordwerkzeuge
gegen sie
selbst. Auch das gehört zur übergreifenden „Unsittlichkeit des bisherigen
Zustandes der Menschheit.“

 

Nach der Verständigung über den objektiven sozialen und
Klasseninhalt jedes moralischen Urteils wird klar: Engels darf mit der
Parteinahme für die Arbeitenden ein solches Urteil fällen. Es drückt eine
wesentliche, objektive Seite ihrer Stellung und Haltung gegenüber den
Herrschenden aus. {...}«

Anmerkungen

1/15 Karl Marx und Friedrich Engels, Manifest der
Kommunistischen Partei, S. 491.
2/16 Ȇber diese Tendenz sagt Engels in den
„Umrissen zur Kritik der Nationalökonomie“: „Die Vorteile, die der größte
Fabrikant und Kaufmann über den Kleinen, der große Grundbesitzer über den
Besitzer eines einzigen Morgens hat, sind bekannt. Die Folge hiervon ist,
dass schon unter gewöhnlichen Verhältnissen das große Kapital und der
große Grundbesitz das kleine Kapital und den kleinen Grundbesitz nach dem Recht
des Stärkeren verschlingen – die Zentralisation des Besitzes
...
Diese Zentralisation des Besitzes ist ein dem Privateigentum ebenso
immanentes Gesetz wie alle anderen ...
“ (F. Engels, Umrisse zu einer
Kritik der Nationalökonomie, S. 522).«

Quelle: Philosophie der Revolution.
VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1975. Studie zur
Herausbildung der marxistisch-leninistischen Theorie der Revolution als
materialistisch-dialektischer Entwicklungstheorie und zur Kritik
gegenrevolutionärer Ideologien der Gegenwart. Autor: Otto Finger. Vgl.: 5.4.
Wissenschaftliches und Werturteil, in: 5. Kapitel:
Dialektik der Revolution.

 


VON: OTTO FINGER - REINHOLD SCHRAMM (BEREITSTELLUNG)




>>> Bundesfreiwilligendienst ist neuer "Niedrigstlohnsektor"


 

 
Bundesfreiwilligendienst ist neuer
"Niedrigstlohnsektor"
 
[via scharf-links.de]
 
 

"Für Jubelgesänge gibt es
nach einem Jahr Bundesfreiwilligendienst keinen Grund, denn in den zwölf Monaten
seit Aussetzung der Wehrpflicht ist es zu dramatischen Fehlentwicklungen
gekommen.

Die Öffnung des Dienstes
für alle Altersgruppen hat dazu geführt, dass vor allem in Ostdeutschland immer
mehr Ältere und Erwerbslose in den Bundesfreiwilligendienst gedrängt werden und
für ein Taschengeld wichtige Aufgaben im sozialen Bereich erledigen.

Dies widerspricht der
Grundidee eines Freiwilligendienstes und verhindert die dringend notwendige
Schaffung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze in diesem Sektor",
kritisiert Harald Koch, für die Fraktion DIE LINKE Mitglied im Unterausschuss
Bürgerschaftliches Engagement sowie im Finanz- und Verteidigungsausschuss,
anlässlich des einjährigen Bestehens des Bundesfreiwilligendienstes am 1. Juli
2012. Koch weiter:

"Die starke Nachfrage nach Freiwilligendienstlern
bedeutet noch lange nicht, dass es sich beim Bundesfreiwilligendienst um ein
Erfolgsmodell handelt. Sie ist vielmehr eine direkte Folge der katastrophalen
Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung.

Wo die Vermittlung in echte
sozialversicherungspflichtige Jobs nicht funktioniert, arbeitsmarktpolitische
Instrumente reihenweise weggekürzt werden und Angebote für Menschen jeden Alters
fehlen, bleibt als Alternative oft nur der Bundesfreiwilligendienst.

Der
Bundesfreiwilligendienst darf kein neuer 'Niedrigstlohnsektor' in der Grauzone
zwischen klassischem bürgerschaftlichem Engagement und regulärer Erwerbsarbeit
sein. Um die reichlich vorhandene Arbeit im sozialen Bereich zu bewältigen und
zu verhindern, dass Ältere aus finanzieller Not in den Dienst gedrängt werden,
brauchen wir mehr gute, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze für Jung und
Alt sowie eine den Lebensstandard sichernde Rente. Freiwilligendienste sollten
in erster Linie Lern- und Bildungsdienste für junge Menschen sein und dürfen
nicht dazu missbraucht werden, reguläre Beschäftigung zu verdrängen.

Den
Bundesfreiwilligendienst in seiner jetzigen Form lehnt DIE LINKE daher ab.
Stattdessen wollen wir die bestehenden Jugendfreiwilligendienste mithilfe
erfahrener zivilgesellschaftlicher Akteure weiter ausbauen und
stärken."






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